Sterben – das Schwierige im Leben

Hilfen und Hinweise für die Begleitung am Lebensende

 

Dr. Dr. Werner Schweidtmann arbeitet vorwiegend in der Begleitung schwer­kranker und sterbender Menschen und ihrer Angehörigen im Kranken­haus.
In seinem Buch beleuchtet er die unterschiedlichen Verarbeitungs­strategien am Lebensende und gibt anhand von Gesprächs­aufzeichnungen mit sterbenden Menschen Hinweise, wie Kommunikations­hürden überwunden und eine ganz­heitliche Begleitung gelingen kann.
Zum Erscheinen des Werkes hat er uns vier kurze Fragen beantwortet.

Was hat Sie bewogen, dieses Buch zu schreiben?

Bei der Behandlung einer schwer­wiegenden Erkrankung steht üblicherweise die medizinische Behandlung ganz im Vordergrund. Im Laufe meiner lang­jährigen Erfahrung im Umgang mit schwer­kranken und sterbenden Menschen ist mir immer wieder eine große Verunsicherung sowohl im ärzt­lichen also auch im pflegerischen Bereich begegnet. Eine emotionale Begleitung über­fordert die Beteiligten häufig, spielt aber ebenso eine entscheidende Rolle beim Fortschreiten der Erkrankung oder bei einer plötzlichen bedroh­lichen Diagnose. Ein Patient hat es einmal so ausgedrückt: „Gestern hatte ich Gastritis, heute habe ich ein Gallengangs­karzinom mit Leber­metastasen.“ Eine solche Lebens­krise kann niemals emotionslos bewältigt werden.
Mein Buch beleuchtet deshalb die unterschiedlichen Verarbeitungs­strategien am Lebensende mit Einblicken aus der Bewältigungs­forschung und der Persönlichkeits­psychologie. Anhand von Gesprächsaufzeichnungen mit sterbenden Menschen werden typische Kommunikations­hürden identifiziert und Hinweise gegeben, wie eine hilfreiche und professionelle Begleitung ganz­heitlich gelingen kann.

Was müsste sich nach Ihrer Ansicht in der Begleitung von Menschen, die aufgrund schwerer Krank­heit an ihrem Lebensende stehen, am meisten verändern?

Der Umgang mit der Wahrheit ist immer wieder eine Herausforderung. Von Kollegen heißt es oft:
„Ich habe die Patienten aufgeklärt. Sie wissen Bescheid.“ Der Umgang mit der Wahrheit besteht aber nicht in einer einmaligen Mitteilung. Er ist ein prozess­haftes Geschehen. Das Maß an Offenheit, das zugelassen wird, kann sich bei Patienten von einem Tag auf den anderen ändern. Darüber hinaus muss es möglich sein, den eigenen Zustand begrenzt oder durch­gängig zu verdrängen.

Kümmern Sie sich auch um die Angehörigen?

Das gehört zu einer ganz­heitlichen Begleitung auf jeden Fall dazu. Denn auch sie müssen ja damit leben lernen, dass sich ein ihnen nahe­stehender Mensch aus dem Leben verabschiedet. Auch sie verlieren einen Partner oder Angehörigen, der ihnen emotional viel oder alles bedeutet hat. Deshalb brauchen auch sie unsere Aufmerk­samkeit. Das gilt vor allem dann, wenn die Patienten innerlich viel weiter sind als ihre Angehörigen.

Kürzlich sagte mir eine Patientin: „Ich weiß genau, wie es um mich steht und dass es keinen Weg zurück gibt. Aber mein Mann hat mich bedrängt, auf jeden Fall noch eine Chemo­therapie zu machen. Ich habe dem zugestimmt – nicht für mich, sondern ausschließ­lich für ihn.“

Ist Ihre Arbeit auf Dauer nicht zu belastend?

Ich erlebe die Begleitung von Schwer­kranken und Sterbenden als eine sehr intensive Aufgabe. Es geht nicht mehr um Smalltalk – ganz oft geht es um den Blick zurück, eine Art Lebens­bilanz: Wer bin ich noch? Wer war ich? Was hat mein Leben ausgemacht? Was und wen muss ich hergeben und zurücklassen?

Natürlich ist das oft mit Schmerz und Traurigkeit verbunden, aber wenn ich Menschen helfen kann, ihr Leben positiv abzuschließen und versöhnt zu sterben, dann ist das eine zutiefst zufriedenstellende Aufgabe, zu der ich gerne auch anderen Mitarbeitenden verhelfen möchte.


Ein ausführliches Gespräch mit Dr. Dr. Schweidtmann über seine Arbeit und sein neues Buch ist auf YouTube abrufbar.

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Werner Schweidtmann
Sterben – das Schwierige im Leben
Hilfen und Hinweise für die Begleitung am Lebensende

2022. 188 Seiten. Kart.
€ 29,–
ISBN 978-3-17-041797-7

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