Angesichts des Erscheinens des Buches „Teamarbeit im Krankenhaus“ erläutert die Autorin Nicole Weider, wie sich die Veränderungen im Gesundheitswesen auf Führungskräfte und Mitarbeitende auf Station auswirken und wie diese mithilfe praktischer Alltagstipps zu interprofessionellen, sektorenübergreifend agierenden Teams heranreifen können.
Nicole Weider
Teamarbeit im Krankenhaus
Handlungswissen für erfolgreiche Zusammenarbeit
2020. 194 Seiten, 11 Abb., 11 Tab. Kart. € 29,–
ISBN 978-3-17-033100-6
Bitte beschreiben Sie dem Leser das Hauptanliegen Ihres Buches in drei Sätzen!
Das Buch informiert darüber, wie Teams und Führungskräfte im Krankenhaus vorbereitet und gestärkt auf die Veränderungen im Gesundheitswesen, wie bspw. die Digitalisierung oder den Fachkräftemangel, reagieren können. Neben den Anforderungen an die Stationsleitung von morgen werden Grundlagen für ein gelungenes Miteinander vermittelt, sodass Missverständnisse in (interdisziplinären) Teams frühzeitig aufgedeckt werden können oder erst gar nicht entstehen. Dabei spielt der Umgang miteinander eine große Rolle, weshalb ein Schwerpunkt des Buches auf Kommunikationswegen und -techniken liegt.
Können Sie uns kurz erklären, was das Besondere an Teamarbeit im Setting Krankenhaus ist?
Im Krankenhaus arbeiten viele Experten mit unterschiedlichem Wissen zusammen. Sie haben ein gemeinsames Ziel – die Gesundheit der Patienten soweit wie möglich wiederherzustellen. Doch leider scheitert das Miteinander oft daran, dass in Kliniken vielerorts noch nach konservativen, hierarchischen Strukturen geführt wird. Mit zunehmender Komplexität der Behandlungen bedarf es jedoch vielmehr interdisziplinärer oder auch interprofessioneller, sektorenübergreifend agierender Teams, die über kurze Wege gesteuert werden.
Was war Anlass und Ziel Ihres Buches?
In meinem Arbeitsalltag als Organisationsberaterin habe ich mit verschiedenen Menschen und Berufsgruppen zu tun, die alle ein gemeinsames Ziel haben – eine möglichst optimale Patientenversorgung zu gewährleisten. Doch der Alltag sieht oft anders aus: Die Akteure im Gesundheitswesen sind aufgrund der zunehmenden Arbeitsverdichtung überlastet, die eigenen Strukturen blockieren, der Blickwinkel ist eingeschränkt. Die Folge: unnötige Grabenkämpfe in Teams, gefolgt von demotivierten und überlasteten Mitarbeitenden – bis hin zur Gefährdung der Patientenversorgung.
Das Buch soll daher Führungskräfte wie Stationsmitarbeitende gleichermaßen dazu anregen, sich wieder auf das Wesentliche, die eigene Rolle und die damit verbundenen Aufgaben und Verantwortungen zu fokussieren, mit Freude zur Arbeit zu gehen und sich gemeinsam als Team den Veränderungen im Gesundheitswesen zu stellen.
Was ist die Besonderheit bzw. der besondere Ansatz Ihres Buches?
Das Buch ist in einzelne, für sich stehende Kapitel unterteilt. Dabei war es mir wichtig, dass es kein Buch fürs Regal wird. Es soll vielmehr ein Alltagsbegleiter sein, der griffbereit auf dem Schreibtisch steht, um schnell etwas nachzuschlagen, und der auch zum ausgiebigen Selbststudium genutzt werden kann. Durch die beiden Figuren – Katja, Stationsleitung, und Meik Krankenpfleger –, die durch das Buch führen, finden sich die Leserinnen und Leser in ihrem eigenen Alltag wieder. Am Ende der einzelnen Kapitel gibt es zusätzlich praktische Alltagstipps von Katja, die die theoretischen Grundlagen und Regeln veranschaulichen.
Aus Anlass der aktuellen Situation – wirkt sich die Coronakrise Ihrer Einschätzung nach auf die Teamarbeit im Krankenhaus aus und welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Stationsleitungen, aber auch für die einzelnen Teammitglieder?
Die Coronakrise stellt Teams in drei Bereichen auf die Probe: 1) Umgang mit Veränderungen – Wie geht jeder einzelne mit der Situation um, zuversichtlich und offen oder ängstlich und zurückhaltend? 2) Teamzusammenhalt – Einer für alle und alle für einen oder bilden sich Grüppchen oder werden die Mitarbeiter gar zu Einzelgängern? 3) Loyalität zur Führungskraft – Stehen die Mitarbeitenden hinter ihrer Führungskraft, fühlen sich verstanden und reagieren mit Vertrauen?
Die besonderen Herausforderungen sehe ich bei den Führungskräften. Die Mitarbeitenden sind vorsichtiger, angespannter und schnell kann sich dabei im Ton vergriffen werden. Die Stimmung auf Station kann dadurch kippen und zwischen Unruhe und/oder Aktionismus wechseln. Hinzu kommen noch die persönlichen Ängste und Privatsituationen der Einzelnen, auch die der Führungskraft. Eine starke Führungspersönlichkeit ist gefragt! Zeit für Gespräche, die Mitarbeitenden dort abholen, wo diese gerade stehen, authentisch und empathisch sein, Transparenz zeigen und klare Vorgaben können an dieser Stelle helfen.
Zeichnen sich Ihrer Ansicht nach bereits Aspekte ab, durch die Teams im Krankenhaus gestärkt aus der aktuellen Coronakrise herausgehen können?
Ja, das finde ich schon. Den ersten Aspekt sehe ich darin, dass die Pflegemitarbeiter und alle weiteren Mitarbeiter in der Klinik eine neue Wertschätzung durch die Gesellschaft und die damit verbundene „Systemrelevanz“ erfahren. Die Tatsache, dass alle Mitarbeitenden im gleichen Boot sitzen, verändert nicht nur die persönliche Einstellung zu sich selbst und zur Arbeit, sie wirkt sich auch positiv auf den „Teamspirit“ aus, worin ich den zweiten Aspekt sehe. Die bis dato gelebten imaginären Schranken zwischen den Fachabteilungen werden durchbrochen. Es findet eine neue Art der Zusammenarbeit statt. Aus den vielen kleinen Teams wird ein großes „WIR“.
Das Interview führte Rieke Barbek aus dem Lektorat des Bereichs Krankenhaus/ Gesundheitsmanagement.
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