Es gibt bereits zahlreiche Bücher zu Parkinson. Mit unserer neuen Buchreihe „Neurologische Fallbesprechungen“ verfolgen wir jedoch das Ziel, den Patienten in den Fokus zu setzen und typische wie auch besondere Patientenfälle zu beleuchten. Sehen Sie hier für die Erkrankung Parkinson besonderen Bedarf?
Ja, unbedingt. Praxisnah am Fall zu lernen macht häufig Spaß und erleichtert es oft, sich Sachverhalte einzuprägen. Die Anwendung des Gelernten ist einfacher, wenn man „so einen“ oder einen ähnlichen eigenen Fall vor Augen hat. Parkinson ist eine sehr vielschichtige Erkrankung mit zahlreichen motorischen und nicht motorischen Symptomen sowie sozialmedizinischen Problemen. Trotzdem gibt es immer wieder „typische“ Fallbeispiele mit charakteristischen Symptomkomplexen. Hier kann unserer Meinung nach sehr gut am Fallbeispiel gelernt werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass jeder Fall von einem Experten oder einer Expertin auf diesem Gebiet vorgestellt wird, sodass neben ÄrztInnen insbesondere bei Themen aus dem Bereich der aktivierenden Therapien oder der sozialmedizinischen Probleme nicht ärztliche ExpertIinnen den Fall vorstellen. Dies ist unserer Ansicht nach sowohl für MedizinerInnen als auch für TherapeutInnen aus den verschiedenen Fachdisziplinen hilfreich.
In Ihrem Band werden in drei Buchteilen insgesamt 30 Fallbeispiele behandelt. Im Vergleich zu einem Kapitel in einem klassischen Fachbuch oder Zeitschriftenartikel – welche Arbeit fällt Ihnen leichter, was macht Ihnen mehr Spaß?
Beides hat seine Reize, verfolgt unterschiedliche didaktische Strategien und spricht zum Teil eine unterschiedliche Leserschaft an. Idealerweise ergänzen sich beide Informationsquellen und Lehrkonzepte. Wir haben an beidem Spaß.
Der 3. Buchteil widmet sich speziellen psychosozialen Problemen. Welche Patientenfälle werden darin behandelt und warum war es Ihnen wichtig, sich diesen Fällen speziell zu widmen?
Es geht hier beispielsweise um PatientInnen mit Migrationserfahrung, schwierige Angehörige oder mangelnde Adhärenz, sei es bei der Einnahme der Medikation bzw. bei der Umsetzung der häufig zeitintensiven und anstrengenden aktivierenden Therapien. Diese Aspekte fehlen in der Regel in einem klassischen Lehrbuch, sind aber essenziell für den Therapieerfolg. Die Schärfung des Bewusstseins für diese Probleme sowie Tipps und Tricks von ExpertInnen, sei es für das bessere Verständnis interkultureller Unterschiede, den Umgang mit fordernden oder ablehnenden Angehörigen oder die Einhaltung des oft komplexen Medikationsplans sowie der täglichen Gymnastik oder regelmäßigen Physiotherapie können hier für den Praxisalltag sehr hilfreich sein.
An Ihrem Werk haben insgesamt 40 Autorinnen und Autoren mitgewirkt. Dies hat es ermöglicht, alle an der Behandlung von Patienten mit Parkinson Beteiligten einzubinden und die Patientenfälle interdisziplinär beleuchten zu können. Lag darin aber auch zugleich die Herausforderung für Sie als Herausgeber?
Ja, dies war sicher eine der Herausforderungen. Jeder Autor und jede Autorin hat einen unterschiedlichen Schreibstil und die Themen sind ja gewollt heterogen gewählt, sodass es schwierig und nicht immer zielführend ist, jedes Fallbeispiel in ein einheitliches Textkonzept zu pressen. Außerdem haben an dem Buch neben äußerst erfahrenen WissenschaftlerInnen, die schon viel national und international publiziert haben, auch ExpertInnen aus verschiedenen nicht akademischen Fachbereichen mitgewirkt, die bislang wenig oder gar nicht publiziert haben. Wir als Herausgeber haben hier den AutorInnen einen gewissen Freiraum gelassen, allerdings aus didaktischen Gründen auf einen im Wesentlichen einheitlichen Aufbau des Fallbeispiels geachtet. Dies betrifft neben der Falldarstellung einleitend die unterliegende Pathophysiologie, die Darstellung des klinischen Untersuchungsbefundes, die Diagnostik und Therapie und die kritische Diskussion des Falles. Dies ist verbunden mit Textmarginalen, die Wichtiges hervorheben und die schnelle Orientierung für die LeserInnen erleichtern. Am Schluss jedes Falles positioniert sich der Autor/die Autorin, was er/sie aus diesem Fall gelernt hat und die Highlights des Falles werden stichwortartig gelistet.
Als Autor von Fachbüchern und -artikeln haben Sie bereits viel Erfahrung gesammelt, nun haben Sie Ihr erstes Werk als Herausgeber veröffentlicht. Wie haben Sie diese Tätigkeit empfunden? Gab es Aspekte, die Sie überrascht haben, vielleicht auch Hürden, an die Sie vorab nicht gedacht haben?
Als größte Herausforderung haben wir empfunden, aus den vielen gelungenen Einzelfallberichten ein „großes Ganzes“ zu machen. Auch wenn man als Autor von Fachartikeln im Wesentlichen für sich selbst verantwortlich ist, hat man hier natürlich auch immer die Aufgabe, den Inhalt mit den MitautorInnen abzustimmen. Als Herausgeber ist dieses „Moderieren“ von Texten und Inhalten natürlich noch viel ausgeprägter. Viele Fallberichte waren bereits bei Einreichung in unseren Augen nahezu perfekt, bei anderen gab es intensivere Diskussionen und Änderungen, in erster Linie in didaktischer Hinsicht.
Welche Zielgruppe wird von Ihrem Werk ganz besonders profitieren?
Wir hoffen, dass viele Menschen, die mit Parkinson-PatientInnen zu tun haben, von dem Buch profitieren. Da jeweils ein bestimmtes „typisches“ Problem behandelt wird, sollte man zum eigenen individuellen Patienten fast immer einen passenden Fall im Buch finden. Der Aufbau der Fälle wurde so konzipiert, dass sowohl ärztliche ParkinsonexpertInnen Interessantes und auch Neues finden als auch nicht ärztliche TherapeutInnen und interessierte medizinische Laien einen relevanten Nutzen von den Inhalten haben.
Noch eine letzte Frage: Was möchten Sie dem Leser mitgeben, bevor er Ihr Buch aufschlägt und liest?
Bleiben Sie immer neugierig, interessiert und empathisch. Parkinson ist eine unangenehme und herausfordernde Erkrankung. Es gibt jedoch nur äußerst wenige Probleme, die nicht wenigstens zum Teil zu lösen oder zu bessern sind.
Dieses Buch soll Ihnen dabei helfen.
Vielen Dank für Ihre Zeit und Mühe!
Carsten Eggers/Carsten Buhmann (Hrsg.)
Parkinson
Fallbeispiele aus der Klinik
2021. 286 Seiten mit 21 Abb. und 16 Tab. Kart.
€ 59,–
ISBN 978-3-17-035070-0
Neurologische Fallbesprechungen
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