Gruppenpsychotherapie

Grundlagen und integrative Konzepte

 

Die Gruppenpsychotherapie ist in psychotherapeutischen Kliniken längst Standard und soll – tatkräftig durch die Politik unterstützt – auch in der ambulanten Versorgung noch wichtiger werden sowie künftig in allen psychotherapeutischen Aus- und Weiterbildungen verankert sein.
Prof. Dr. phil. Bernhard Strauß gibt in unserem Interview Einblicke in die aktuelle Entwicklung und die Zielsetzung seines neuen Buchs zum Thema.

Portrait von Prof. Dr. phil. Bernhard Strauß
Prof. Dr. phil. Bernhard Strauß

Wer Fachliteratur zur Gruppen­psycho­therapie sucht, findet diese in unter­schiedlichen Ausrichtungen, Formaten und Umfängen: Was macht Ihr Buch so besonders, wie würden Sie es im größeren Kontext einordnen?

Natürlich gibt es viele Bücher zur Gruppen­psycho­therapie. Dem Namen der Buchreihe (Psycho­therapie kompakt) entsprechend, soll dieses Buch in wirklich kompakter Form, dennoch hoffentlich inhaltsreich über die wesentlichen Grundlagen gruppen­psychothera­peutischen Arbeitens informieren, wie sie für Gruppen­psychothera­peuten aller Psychotherapie­verfahren von Bedeutung sind. Diese Verfahren werden bezüglich ihrer Anwendung in Gruppen zwar auch kurz skizziert und beschrieben, es geht hier aber auch um Strukturfragen der Gruppen­psychotherapie, die Gruppendynamik, die Frage der Zusammen­setzung von Gruppen, die Funktionen und Möglichkeiten eines Gruppen­leiters sowie Fragen der Qualitäts­sicherung und der Wirksam­keit gruppen­psychothera­peutischen Arbeitens.

Welchen Stellenwert kommen gruppen­psychothera­peutischen Interventionen heute im Vergleich zu früheren Zeiten im klinischen Alltag in Deutschland zu? Wo liegen ihre besonderen Chancen aber auch Grenzen?

Die gesundheits­politische Absicht ist momentan ganz klar, dass vor allem im ambulanten Bereich (in stationären sind Gruppen längst extrem verbreitet) noch häufiger angewandt werden sollen, auch um die Versorgung insgesamt zu verbessern. Es ist zumindest ein Trend zu beobachten, dass diese gesundheits­politische Absicht einen Erfolg haben kann, was mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen befördert wurde, die die Anwendung von Gruppen, auch im ambulanten Setting deutlich erleichtert haben. Grenzen liegen natürlich immer noch in der Bereit­schaft von Patienten, aber auch Therapeuten, sich in ein Gruppen­setting zu begeben und dieses kann – manchmal auch durch widrige Bedingungen, wie räumliche Enge oder fehlende Möglich­keit der Intervision – erschwert werden.

Welche Rolle spielen schulenspezifische Ansätze – inwiefern könnte die Gruppen­psycho­therapie eventuell geeignet sein, herkömmliche Gräben zu über­winden und Brücken zu bauen?

Sicherlich ist die Schulen-Spezifität nach wie vor etwas, was unser Ausbildungs- und Praxissystem stark prägt. Gerade im Bereich der Gruppen­psychotherapie – und dies zeigt das Buch – gibt es aber eine Fülle an allgemeinen Wirkprinzipien und Wirkmechanismen, die vermutlich schulen­übergreifend bedeutsam sind, die möglicherweise auch einen Großteil der Unterschiede in der Wirkung von Gruppen­psycho­therapie aufklären. Deshalb ist es schon sinnvoll, darüber nachzudenken, welche allgemeinen Wirkprinzipien die Gruppentherapie ebenso wie die Psycho­therapie im Allgemeinen hat, um irgendwann eine allzu strikte Verfahrens­grenzen zu überwinden.

Welchen Stellenwert erhält die Vermittlung gruppen­psycho­therapeutischer Methoden im neuen Psycho­therapie­studium, liegen dazu bereits erste Erfahrungen vor?

Schon im Psycho­therapiestudium wird meines Wissens eine Gruppen­selbstreflexion vorgesehen, allerdings ist in vier Semestern hier natürlich noch nicht allzu viel möglich, dies gilt auch für die Grundlagen der Gruppen­psychotherapie. In der auf das Studium anschließenden Weiterbildung wird aber der Erwerb der Fachkunde für die Gruppen­psychotherapie voll und ganz integriert sein, d. h. sowohl die notwendigen Theorie­bausteine, die Selbsterfahrung und die praktische Durchführung von Gruppen werden in Zukunft für jede Psycho­therapeutin und jeden Psycho­therapeuten gewisser­maßen zur Pflicht gemacht, was dann natürlich die Versorgung vermutlich tatsächlich verbessern wird. In den neuen Weiter­bildungs­ordnungen der Fachärzte, die Psychotherapie praktizieren, ist dieses Vorhaben auch schon umgesetzt.

Bei dem Band handelt es sich um Ihr erstes, ganz eigenes Werk in der Reihe Psycho­therapie kompakt, die Sie als Klinischer Psychologe, Psychotherapeut und Psychotherapie­forscher mitbegründet haben und weiterhin herausgeben. Hat sich Ihr Blickwinkel auf die Reihe mit Ihrer eigenen Autoren­schaft verändert?

Tatsächlich war die Erfahrung, ein kompaktes Buch über dieses Thema alleine zu schreiben, hoch interessant und auch herausfordernd. Es gibt so viel Wissen und so viel Literatur zum Thema, dass es wirklich schwer ist, die wesent­lichen Dinge auszuwählen und auf begrenztem Raum in einer verständlichen Form darzustellen. Die Mitherausgeber der Reihe haben mich freundlicherweise darin durch ihre Rückmeldungen bestärkt und ich habe nun noch mehr Verständnis für alle anderen Autorinnen und Autoren, die in unserer Reihe schreiben auch wenn sie darüber klagen, dass sie für ihre Gedanken zu wenig Platz haben.

Welche Zielgruppe wird von Ihrem Werk ganz besonders profitieren?

Mein Wunsch ist es, dass alle, die sich mit Gruppen­psycho­therapie beschäftigen, egal ob sie sich in Ausbildung, Weiterbildung befinden oder schon praktizieren, von diesem Buch profitieren können. Die „Anfänger und Anfängerinnen“ können sich, wie gesagt, sehr kompakt über die „Basics“ der Gruppen­psychotherapie informieren. Für die Fortgeschrittenen kann das Buch eine Hilfe sein, wenn sie sich bestimmte Prinzipien oder Konzepte, vielleicht auch Theorien, wieder ins Gedächtnis rufen wollen.

Noch eine letzte Frage: Was möchten Sie dem Leser mitgeben, bevor er Ihr Buch aufschlägt und liest?

Ich weiß und dies ist in dem Buch auch beschrieben, dass Gruppen häufig erst einmal abschreckend wirken. Ich hoffe, dass das Buch dazu motiviert, keine Angst vor Gruppen zu haben, sich mit diesem faszinierenden Setting auseinander­zusetzen und dadurch die großen Potentiale gruppen­psycho­therapeutischen Arbeitens mutig und mit Freude zu nutzen.

Vielen Dank für Ihre Zeit und Mühe!

Neu!

Bernhard Strauß
Gruppenpsychotherapie
Grundlagen und integrative Konzepte

2022. 254 Seiten mit 13 Abb. und 21 Tab. Kart.
€ 25,–
ISBN 978-3-17-031655-3

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