Wer Fachliteratur zur GruppenÂpsychoÂtherapie sucht, findet diese in unterÂschiedlichen Ausrichtungen, Formaten und Umfängen: Was macht Ihr Buch so besonders, wie würden Sie es im größeren Kontext einordnen?
Natürlich gibt es viele Bücher zur GruppenÂpsychoÂtherapie. Dem Namen der Buchreihe (PsychoÂtherapie kompakt) entsprechend, soll dieses Buch in wirklich kompakter Form, dennoch hoffentlich inhaltsreich über die wesentlichen Grundlagen gruppenÂpsychotheraÂpeutischen Arbeitens informieren, wie sie für GruppenÂpsychotheraÂpeuten aller PsychotherapieÂverfahren von Bedeutung sind. Diese Verfahren werden bezüglich ihrer Anwendung in Gruppen zwar auch kurz skizziert und beschrieben, es geht hier aber auch um Strukturfragen der GruppenÂpsychotherapie, die Gruppendynamik, die Frage der ZusammenÂsetzung von Gruppen, die Funktionen und Möglichkeiten eines GruppenÂleiters sowie Fragen der QualitätsÂsicherung und der WirksamÂkeit gruppenÂpsychotheraÂpeutischen Arbeitens.
Welchen Stellenwert kommen gruppenÂpsychotheraÂpeutischen Interventionen heute im Vergleich zu früheren Zeiten im klinischen Alltag in Deutschland zu? Wo liegen ihre besonderen Chancen aber auch Grenzen?
Die gesundheitsÂpolitische Absicht ist momentan ganz klar, dass vor allem im ambulanten Bereich (in stationären sind Gruppen längst extrem verbreitet) noch häufiger angewandt werden sollen, auch um die Versorgung insgesamt zu verbessern. Es ist zumindest ein Trend zu beobachten, dass diese gesundheitsÂpolitische Absicht einen Erfolg haben kann, was mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen befördert wurde, die die Anwendung von Gruppen, auch im ambulanten Setting deutlich erleichtert haben. Grenzen liegen natürlich immer noch in der BereitÂschaft von Patienten, aber auch Therapeuten, sich in ein GruppenÂsetting zu begeben und dieses kann – manchmal auch durch widrige Bedingungen, wie räumliche Enge oder fehlende MöglichÂkeit der Intervision – erschwert werden.
Welche Rolle spielen schulenspezifische Ansätze – inwiefern könnte die GruppenÂpsychoÂtherapie eventuell geeignet sein, herkömmliche Gräben zu überÂwinden und Brücken zu bauen?
Sicherlich ist die Schulen-Spezifität nach wie vor etwas, was unser Ausbildungs- und Praxissystem stark prägt. Gerade im Bereich der GruppenÂpsychotherapie – und dies zeigt das Buch – gibt es aber eine Fülle an allgemeinen Wirkprinzipien und Wirkmechanismen, die vermutlich schulenÂübergreifend bedeutsam sind, die möglicherweise auch einen Großteil der Unterschiede in der Wirkung von GruppenÂpsychoÂtherapie aufklären. Deshalb ist es schon sinnvoll, darüber nachzudenken, welche allgemeinen Wirkprinzipien die Gruppentherapie ebenso wie die PsychoÂtherapie im Allgemeinen hat, um irgendwann eine allzu strikte VerfahrensÂgrenzen zu überwinden.
Welchen Stellenwert erhält die Vermittlung gruppenÂpsychoÂtherapeutischer Methoden im neuen PsychoÂtherapieÂstudium, liegen dazu bereits erste Erfahrungen vor?
Schon im PsychoÂtherapiestudium wird meines Wissens eine GruppenÂselbstreflexion vorgesehen, allerdings ist in vier Semestern hier natürlich noch nicht allzu viel möglich, dies gilt auch für die Grundlagen der GruppenÂpsychotherapie. In der auf das Studium anschließenden Weiterbildung wird aber der Erwerb der Fachkunde für die GruppenÂpsychotherapie voll und ganz integriert sein, d. h. sowohl die notwendigen TheorieÂbausteine, die Selbsterfahrung und die praktische Durchführung von Gruppen werden in Zukunft für jede PsychoÂtherapeutin und jeden PsychoÂtherapeuten gewisserÂmaßen zur Pflicht gemacht, was dann natürlich die Versorgung vermutlich tatsächlich verbessern wird. In den neuen WeiterÂbildungsÂordnungen der Fachärzte, die Psychotherapie praktizieren, ist dieses Vorhaben auch schon umgesetzt.
Bei dem Band handelt es sich um Ihr erstes, ganz eigenes Werk in der Reihe PsychoÂtherapie kompakt, die Sie als Klinischer Psychologe, Psychotherapeut und PsychotherapieÂforscher mitbegründet haben und weiterhin herausgeben. Hat sich Ihr Blickwinkel auf die Reihe mit Ihrer eigenen AutorenÂschaft verändert?
Tatsächlich war die Erfahrung, ein kompaktes Buch über dieses Thema alleine zu schreiben, hoch interessant und auch herausfordernd. Es gibt so viel Wissen und so viel Literatur zum Thema, dass es wirklich schwer ist, die wesentÂlichen Dinge auszuwählen und auf begrenztem Raum in einer verständlichen Form darzustellen. Die Mitherausgeber der Reihe haben mich freundlicherweise darin durch ihre Rückmeldungen bestärkt und ich habe nun noch mehr Verständnis für alle anderen Autorinnen und Autoren, die in unserer Reihe schreiben auch wenn sie darüber klagen, dass sie für ihre Gedanken zu wenig Platz haben.
Welche Zielgruppe wird von Ihrem Werk ganz besonders profitieren?
Mein Wunsch ist es, dass alle, die sich mit GruppenÂpsychoÂtherapie beschäftigen, egal ob sie sich in Ausbildung, Weiterbildung befinden oder schon praktizieren, von diesem Buch profitieren können. Die „Anfänger und Anfängerinnen“ können sich, wie gesagt, sehr kompakt über die „Basics“ der GruppenÂpsychotherapie informieren. Für die Fortgeschrittenen kann das Buch eine Hilfe sein, wenn sie sich bestimmte Prinzipien oder Konzepte, vielleicht auch Theorien, wieder ins Gedächtnis rufen wollen.
Noch eine letzte Frage: Was möchten Sie dem Leser mitgeben, bevor er Ihr Buch aufschlägt und liest?
Ich weiß und dies ist in dem Buch auch beschrieben, dass Gruppen häufig erst einmal abschreckend wirken. Ich hoffe, dass das Buch dazu motiviert, keine Angst vor Gruppen zu haben, sich mit diesem faszinierenden Setting auseinanderÂzusetzen und dadurch die großen Potentiale gruppenÂpsychoÂtherapeutischen Arbeitens mutig und mit Freude zu nutzen.
Vielen Dank für Ihre Zeit und Mühe!
Bernhard Strauß
Gruppenpsychotherapie
Grundlagen und integrative Konzepte
2022. 254 Seiten mit 13 Abb. und 21 Tab. Kart.
€ 25,–
ISBN 978-3-17-031655-3
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