Lehrbuch Soziale Arbeit

Dr. Heiko Löwenstein

Zu Beginn des Studiums ist vor allem eines gefragt: Orien­tie­rung. Und Ori­en­tie­rung für das Studium der Sozialen Arbeit bietet unser neues großes Lehrbuch aus der Reihe Grund­wissen Soziale Arbeit. Wie dieses Buch den Stu­dien­ein­stieg er­leich­tern kann und warum es Stu­die­rende über ihr gesam­tes Studium hinweg bis ins Berufs­leben beglei­ten sollte, er­klärt Mit­heraus­geber Heiko Löwenstein im Interview.

Umschlagabbildung des Buches

Kuhlmann/Löwenstein/Niemeyer/Bieker (Hrsg.)
Soziale Arbeit
Das Lehr- und Studienbuch für den Einstieg

2022. 268 Seiten. Kart. € 34,–
ISBN 978-3-17-039266-3

Grundwissen Soziale Arbeit

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Einführende Lehrbücher zur Sozialen Arbeit gibt es viele. Was ist das Beson­dere an Ihrer Ein­führung?

Da würde ich vor allem drei Beson­der­heiten sehen. Erstens hatten wir den Wunsch nach einem Lehr­buch, das Studie­rende als aller­erstes in die Hand nehmen möch­ten und das sie von da an durch das gesamte Studium beglei­tet. Denn mit seiner Hilfe soll wich­tiges Grund­wissen der gesam­ten Fach­wissen­schaft Soziale Arbeit mit recht­lichen und orga­nisa­tio­nalen Grund­lagen im Selbst­stu­dium nie­drig­schwel­lig erar­bei­tet werden können. Das bedeu­tete für uns am An­fang zu­nächst ein ziem­liches Problem: nämlich, dass das Buch eine kaum mehr zu über­blickende Breite an Grund­lagen abde­cken soll, dabei aber kompakt bleiben muss und auch leicht ver­ständ­lich sein sollte. Wir kamen dann bald auf die Idee, uns in der Er­ar­bei­tung auf solche Ent­wick­lungs­linien zu fokus­sieren, die sich durch alle Be­reiche des skiz­zier­ten Grund­wissens nach­zeichnen lassen: die sowohl ge­schicht­lich als auch wissen­schaft­lich, metho­disch, recht­lich und struk­turell sichtbar werden.

Das Ergebnis, meine ich, ist dann nicht nur sehr syner­ge­tisch und ef­fi­zient in der Text­menge, sondern bein­haltet auch etwas, was ich als zweite und viel­leicht die wich­tigs­te Be­sonder­heit ansehen würde: dass da­durch nämlich deut­lich wird, wie Ge­schichte, Wissen­schaft, Meth­oden und Rahmen­bedin­gungen Sozia­ler Arbeit, die sonst eher un­ver­bun­den erar­bei­tet werden, in Wirk­lich­keit ganz eng zu­sam­men­hängen – wie also Handeln, wenn es Meth­ode sein soll, auf wissen­schaft­lichem Wissen basiert, und dass es dazu auch einer fach­lichen Be­grün­dung und recht­licher An­sprüche bedarf. Das Ganze ist dann sowohl in seinem aktu­ellen Kontext zu sehen, mit den Be­schäf­ti­gungs­verhält­nissen und Arbeits­bedin­gungen, die Soziale Arbeit unter­stützen sollten, als auch im his­tori­schen Kontext, um Ent­wick­lun­gen kri­tisch re­flek­tieren zu können. Damit das ge­lin­gen konnte, mussten wir uns als Autor*innen eng abstimmen.

Und da wären wir drittens bei einer für mich per­sön­lich ganz wich­tigen Be­son­der­heit: nämlich dass sieben unter­schied­liche Autor*innen es ge­schafft haben, nicht nur ihre ganz spe­zifi­schen Exper­tisen zu Ge­schichte, Wissen­schaft, Meth­oden, Recht und Arbeits­verhält­nissen zu­sammen­zu­tragen, sondern sie als wirk­li­ches Auto­ren­team auch so auf­zu­berei­ten, dass ein stim­miges Ganzes entsteht. Und auch wenn das andere Lehr­bücher zur So­zia­len Arbeit ebenso leis­ten sollen: Ich glaube, die didak­tische Um­set­zung mit Aus­bli­cken auf die Lern­ziele zu Beginn jedes Kapi­tels, mit Zusam­men­fas­sungen des Wich­tigs­ten am Ende, mit liebe­voll ge­stal­teten Abbil­dungen, die schon mög­lichst intui­tiv wirken sollen, und ande­ren met­hodi­schen Ele­men­ten, hat uns allen wirk­lich beson­ders viel Spaß gemacht. Wir hatten rich­tig große Lust auf ein kon­sequen­tes Lehrbuch. Und die Unter­stüt­zung des Schrif­ten­reihen­he­raus­gebers, der bei diesem Buch sogar als Autor mit­betei­ligt war, hat uns unglaublich dabei geholfen.

Sie versprechen Orientierung für das Studium der Sozialen Arbeit. Wie hilft Ihr Buch dabei?

Durch die jeweils sehr kompakt gehal­tenen Ein­füh­rungen in Geschichte, Wissen­schaft, meth­odi­sches Handeln, Recht und Arbeits­ver­hält­nisse geben wir ers­tens in dem Sinne Orien­tie­rung, dass wir je­weils einen sehr schnel­len und nie­drig­schwel­ligen Erst­ein­stieg ermög­lichen wollen. Wir erar­bei­ten ein abso­lutes Grund­ver­ständ­nis und geben Hin­weise zum Weiter­lesen. Das Buch soll sich unse­rer Idee nach auch im Selbst­stu­dium lesen lassen. Es bedarf also keines Semi­nars, für das es ledig­lich als veran­stal­tungs­beglei­tende Lek­türe empfoh­len wird, um noch­mals etwas nach­zulesen, was aber im Grunde schon erklärt wurde. Stattdessen könnte ich es sogar zur kom­primier­ten Vor­berei­tung emp­fehlen: für BA-Stu­die­rende kapi­tel­weise vor den jewei­ligen Semi­nar­ver­anstal­tungen, um von der Prä­senz mit ihren Leh­ren­den mehr zu profi­tie­ren, aber auch für MA-Stu­die­rende mit fach­fremdem/ fach­verwand­tem Bachelor – z. B. Erzie­hungs­wissen­schaf­ten, Heil- oder Kind­heits­pädagogik – , um sich schnell in der Sozialen Arbeit zu orien­tie­ren, oder viel­leicht sogar schon für Stu­dien­inte­res­sierte, um ein­schät­zen zu können, was sie in der Sozialen Arbeit erwar­tet und womit man sich im Stu­dium schwer­punkt­mäßig befassen wird. Zweitens schaffen wir da­durch Orien­tie­rung, dass wir die unter­schied­li­chen Grund­lagen je­weils zu Ge­schich­te, Wissen­schaft, metho­di­schem Handeln, Recht und Arbeits­bedin­gun­gen, die in ande­ren Lehr­büchern und auch im Studium eher ge­trennt von­ein­ander behan­delt werden, sys­te­mati­scher auf­ein­ander beziehen. Das schafft Orien­tie­rung im Sinne eines Ver­ständ­nis­ses von Zu­sam­men­hängen. Das heißt also, auch wer diese Grund­lagen schon kennt, kann das Buch dazu nutzen, das alles ein­mal zusam­men­zu­den­ken, mit­ein­ander zu ver­bin­den und Stu­dien­in­halte nachträglich zu verzahnen.

Ein eigenes Kapitel ist den Methoden der Sozia­len Arbeit gewidmet. Was können Studie­rende und Leh­rende hier er­warten?

Genau genommen sprechen Anne van Rießen und Michael Fehlau ja nicht von Methoden, sondern von meth­odi­schem Handeln. Als Leser*in kann man daher schon gleich ein weit gefass­tes Met­hoden­ver­ständ­nis erwar­ten: Zwar wird ein Grund­ver­ständ­nis von eta­blier­ten Meth­oden erar­bei­tet – z. B. von unter­schied­lichen Be­ra­tungs­an­sät­zen, Case Management, sozia­ler Netz­werk­arbeit oder Sozial­planung usw. Meth­oden sind aber mehr als das, wo Methode drauf­steht; auch lebens­welt­liche Praxis, z. B. der ge­mein­same Spa­zier­gang oder die Band­probe im Jugend­zentrum, das kann Methode sein, wenn da­durch Ziele Sozia­ler Arbeit er­reicht werden sollen, wenn den ethi­schen Maß­stäben der Pro­fes­sion ent­spro­chen wird und wenn eine wissen­schaft­liche Fund­ie­rung er­folgt. Und auch das, was man als Meth­oden Sozia­ler Arbeit kennt, ist nicht schon ein­fach ge­brauchs­fertig, sondern auf die spe­zifi­schen Situa­tio­nen mit ihren insti­tutio­nellen Rahmen­bedin­gungen abzu­stimmen. Jenem Ab­stim­mungs­prozess wird als par­tizi­pati­ver Praxis in die­sem Kapi­tel ganz be­son­dere Auf­merk­sam­keit gewidmet. Und damit das mit wissen­schaft­li­chem Knowhow er­folgt, kam uns ein­mal mehr ent­gegen, dass wir wis­sen­schaft­liche und meth­odische Grund­lagen hier in einem Band zu­sam­men­haben und daher auch sys­te­mati­scher auf­ein­ander bezie­hen können. Zudem wird ein Bo­gen von der Ge­schichte Sozia­ler Arbeit bis zum Stand der aktu­ellen Meth­oden­dis­kus­sion ge­spannt: Die klas­sische Trias von Ein­zel­fall­hilfe, Gruppen­ar­beit und So­zial­raum­orien­tie­rung zu kennen, ist zwar wichtig, um zu ver­stehen, wie es zu den heu­ti­gen Schwer­punk­ten metho­di­schen Han­delns in den Hand­lungs­fel­dern Sozialer Arbeit kam. Dass diese Tei­lung heute und für die Zu­kunft aber immer weni­ger Sinn macht, wird am Bei­spiel der Digi­tali­sie­rung ver­deut­licht und ein al­ter­nati­ver Ord­nungs­ver­such wird entfaltet.

Am Ende Ihres Buches widmen Sie sich mit dem Thema der Be­schäf­ti­gungs­bedin­gungen in dem Berufs­feld Soziale Arbeit. Warum sollten sich Stu­die­rende bereits zu Beginn Ihres Stu­diums damit aus­einan­der­setzen?

Soziale Arbeit ist immer nur so gut, wie die Rah­men­bedin­gun­gen, unter denen sie statt­findet. Daher ist es nicht nur ge­sun­der Eigen­nutz, die ei­ge­nen Rechte als Ar­beit­neh­mer*in zu ken­nen und dafür Sorge zu tragen, dass man för­der­liche Ar­beits­bedin­gungen vor­findet. Absol­vent*innen soll­ten auch wissen, wie sie die Bedin­gun­gen ihrer Praxis über be­trieb­liche Mit­bestim­mung för­der­lich gestal­ten können. So werden über­haupt erst die not­wen­digen Voraus­set­zun­gen dafür ge­schaf­fen, dass man sich auf die eigene, sehr an­spruchs­volle Arbeit kon­zen­trie­ren kann. Und diese Tätig­keit sollte dann auch an­ge­messen ent­lohnt werden, damit sie für hoch qua­li­fi­zie­rte Kolleg*innen attrak­tiv bleibt bzw. noch an Attrak­tivi­tät ge­winnt und damit die rich­ti­gen An­reize für Wei­ter­quali­fizie­rungen gesetzt werden. Man muss wissen, dass sich Ar­beits­ver­hält­nisse im Öffent­lichen Dienst, bei freien Trägern der Wohl­fahrts­pflege und bei den Kir­chen deut­lich von­einan­der unter­schei­den können, z.B. hin­sicht­lich Tarif­bindung, Be­schäf­ti­gungs­sicher­heit und Ent­gelten. Wer sich damit früh­zei­tig be­schäf­tigt, hat Vorteile, um am Ende die rich­tige Wahl für sich zu treffen.


Dr. Heiko Löwenstein ist Professor für Theorien, Konzepte und Methoden der Sozialen Arbeit mit Schwer­punkt Inklu­sion an der Kat­holi­schen Hoch­schule NRW und Mit­heraus­geber des Lehr­buchs Soziale Arbeit.

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