Dr. Markus Ottersbach ist Professor für Soziologie an der Technischen Hochschule Köln. In seinem kürzlich erschienenen Buch Soziale Arbeit mit marginalisierten Jugendlichen erörtert er die speziellen Kenntnisse, Methoden und Angebote, mit denen diese besonderen Jugendlichen erreicht und gefördert werden können.
Markus Ottersbach
Soziale Arbeit mit marginalisierten Jugendlichen
Herausforderung für die Soziale Arbeit
2021. 176 Seiten. Kart. € 32,–
ISBN 978-3-17-037278-8
Herr Ottersbach, warum ist gerade die Soziale Arbeit mit marginalisierten Jugendlichen so wichtig?
Die Unterstützung marginalisierter Gruppen ist ja eine klassische Aufgabe der Sozialen Arbeit. Die Förderung marginalisierter Jugendlicher ist besonders wichtig, weil es sich um eine Gruppe handelt, die ihr Leben noch vor sich hat, und deren Inklusion auch aus gesellschaftlicher Perspektive zentral ist. Mit anderen Worten: Misslingende Karrieren sind sowohl für die Betroffenen als auch für die Gesellschaft allgemein ein Fiasko.
Wo sehen Sie die Probleme der bisherigen Ansätze?
Die bisherigen Ansätze der Unterstützung marginalisierter Jugendlicher wie z.B. die unterschiedlichen Maßnahmen der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit oder auch der Gemeinwesenarbeit sind bereits bewährte Angebote. Da sie jedoch oft zielgruppenspezifisch orientiert sind, haftet ihnen auch die Gefahr der Stigmatisierung an mit der Folge, dass die Maßnahmen alleine keine Verbesserung der Situation der Jugendlichen bewirken.
Wie können Fachkräfte sicherstellen, dass marginalisierte Jugendliche am gesellschaftlichen Leben partizipieren können?
Zunächst einmal plädiere ich in meinem Buch für die Förderung sozialen Lernens Jugendlicher unterschiedlicher Lebenslagen und sozialer Milieus. So sollten sich z.B. die bisher stark mittelschichtsorientierten Angebote der internationalen Jugendarbeit, der politischen Jugendbildung oder der Jugendverbandsarbeit auch für marginalisierte Jugendliche öffnen. Die von mir beschriebenen Modellprojekte zeigen, dass auch marginalisierte Jugendliche für solche Angebote gewonnen werden können. Es ist aber auch ein Umdenken in der Politik erforderlich. Im Kontext der politischen Partizipation müssen Parteien und Politiker*innen marginalisierten Jugendlichen genauso vorurteilsfrei begegnen wie z.B. mittelschichtsorientierten Jugendlichen oder Jugendlichen aus wohlhabenden Verhältnissen.
Die Corona-Pandemie bedeutet sicher für jede und jeden einen außergewöhnlichen Einschnitt. Wie hat die Pandemie die Situation von marginalisierten Jugendlichen verändert?
Während der Corona-Pandemie haben sich bereits bestehende gesellschaftliche Schieflagen noch verschärft. Enge Wohnverhältnisse, zunehmende Konflikte in der Familie, Schulprobleme und Arbeitslosigkeit haben dazu geführt, dass Menschen in marginalisierten Quartieren stärker von der Pandemie betroffen sind als Menschen aus wohlhabenden Quartieren. Dies gilt auch für Jugendliche. Die negativen Folgen der Pandemie für diese Gruppe sind noch gar nicht alle deutlich geworden. Die Soziale Arbeit wird zukünftig mit noch größeren Herausforderungen konfrontiert sein. Dann wird es umso wichtiger, dass die Soziale Arbeit auch die erforderliche Unterstützung durch die Politik erfährt.
Haben Sie vielen Dank!
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