Bildung im digitalen Wandel

Unsere Lebens- und Arbeits­welt wird zuneh­mend digi­tali­siert. Diese Entwick­lung spie­gelt sich auch in der Bil­dung wider – sei es im digi­talen Unter­richt während der Pan­demie oder in der Ver­anke­rung von Medien­bil­dung in den Lehr­plänen der Länder. Dennoch gibt es weiter­hin Heraus­forde­rungen, die Schulen, Hoch­schulen und die Gesell­schaft an sich betreffen. Das Buch „Bildung im digi­talen Wandel“ er­läu­tert, wie Digi­tali­sie­rung und Digi­tali­tät Gesell­schaft, Bil­dung und Kom­muni­ka­tion be­ein­flus­sen und wie sich Schulen und Hoch­schulen in einer Kultur der Digi­tali­tät ent­wic­keln müssen. Mehr dazu erfah­ren Sie im Inter­view mit unse­rer Auto­rin Elke Hemminger.

Umschlagabbildung des Buches

Elke Hemminger
Bildung im digitalen Wandel
Soziologische Perspektiven

2023. 112 Seiten. Kart. € 27,–
ISBN 978-3-17-039560-2

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Warum ist digitale Bildung schon in der Schule und der Aus­bil­dung von Lehr­kräften wichtig?

Prof. Dr. Elke Hemminger
Prof. Dr. Elke Hemminger

Weil der kompetente und selbst­bestimmte Umgang mit Digi­tali­tät – und damit sind nicht nur tech­ni­sche Geräte ge­meint, sondern auch die Inhalte und Kultur­tech­niken – für alle Menschen Vor­aus­set­zung zur gesell­schaft­li­chen Teil­habe und Lebens­gestal­tung sind. Digitale Räume sind gesell­schaft­liche Kultur­räume, die ge­stal­tet werden können und müssen. Das muss erlernt und einge­übt werden und selbst­ver­ständ­lich müssen auch Lehr­kräf­ten die not­wendi­gen Kompe­ten­zen dazu syste­ma­tisch ver­mittelt werden.

Wie hat Corona die Bildungs­land­schaft heraus­gefor­dert und beeinflusst?

Die Corona-Pandemie hat sich teil­weise wie ein Brenn­glas ausge­wirkt, das die zahl­reichen Brand­stellen im Bil­dungs­system ange­facht und zu einem Flächen­brand aus­gewei­tet hat. Schon vor Corona waren die Heraus­forde­run­gen zahl­reich: Lehr­kräfte­mangel, die sys­te­misch ange­legte Bil­dungs­un­gleich­heit, mangel­nde Um­set­zung von Digi­tali­täts- und Ganz­tages­kon­zep­ten, feh­lende Inves­titio­nen in bauliche Infra­struk­tur, … Diese Probleme wur­den durch die Pan­demie nicht nur ver­deut­licht, sondern verstärkt.

Wie sieht die aktuelle Medien­bildung an Schulen aus?

Es gibt sehr unterschiedliche Modelle. Darunter sind auch her­vor­ragen­de Pro­jekte, die aber meist als Einzel­bei­spiele stehen bleiben. Grundsätzlich zeigt sich in Bil­dungs­plänen, dass ein Ver­ständ­nis von Medien­bil­dung vor­herrscht, das auf die An­pas­sung an gesell­schaft­liche, vor allem öko­nomi­sche Ver­hält­nisse ausge­legt ist. Dabei wird der krea­tive Aspekt ebenso wie das kri­tische Denken, aber auch die tech­nische Aneig­nung im Sinne von eige­ner Produk­tion von Medien­inhal­ten vernachlässigt.

Welche weiteren Herausforderun­gen wird der digi­tale Wandel für die Bil­dung mit sich bringen?

Die Herausforderungen für die Bil­dung sind nicht abge­löst von gesamt­gesell­schaft­lichen Ent­wick­lungen. Die größte Heraus­forde­rung sehe ich im Bereich der Demo­kratie­för­de­rung und Wissen­schafts­kom­muni­kation. Bildung muss ein grund­sätz­li­ches Ver­ständ­nis für Wahr­heit und Wahr­haf­tig­keit als wich­tige Werte für die Gesell­schaft ver­mit­teln. In diesem Zusam­men­hang müssen Menschen lernen, in digi­talen Räumen be­son­ders kri­tisch mit In­for­ma­tio­nen umzu­gehen, was ein ge­wis­ses tech­ni­sches Grund­wissen voraus­setzt.

Wie können Medienbildung und Digi­tali­tät in Bil­dungs­berei­chen in der Zukunft effek­tiv gestal­tet werden?

Zunächst müssen wir weg von der Vor­stel­lung, Medien­bil­dung sei ein Nice-To-Do. Das können wir uns nicht leisten. Das Thema Digi­tali­tät muss sowohl in der Lehrer­bil­dung als auch in der Schule und Hoch­schul­lehre fest veran­kert werden. Der nächste Schritt ist die Ab­kehr von der Vor­stel­lung, Medien­bil­dung müsse eine An­pas­sung an die Gesell­schaft als Ziel haben. Das Ziel effek­tiver Medien­bildung muss sein, junge Menschen zu be­fähi­gen, die Zu­kunft der Kultur der Digi­tali­tät selbst pro­duk­tiv zu gestalten.


Prof. Dr. Elke Hemminger lehrt Sozio­logie im Fach­bereich Soziale Arbeit, Bildung und Diakonie an der Ev. Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe (Standort Bochum).

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