Wohnungslosigkeit – aktuelles und zugleich eines der ältesten Themen Sozialer Arbeit

Wohnungslosigkeit ist ein aktuell sehr großes Problem unserer Gesellschaft: Immer mehr Menschen verfügen nicht mehr über eigenen oder angemessenen Wohnraum und sind auf Unterstützung angewiesen. Was die Soziale Arbeit tun kann und wie auch gerade die Politik in die Pflicht genommen werden muss, das erklärt Claudia Steckelberg, Autorin unseres Buches „Wohnungslosigkeit – Grundlagen und Handlungswissen für die Soziale Arbeit“, im Interview.

Umschlagabbildung des Buches

Claudia Steckelberg
Wohnungslosigkeit
Grundlagen und Handlungswissen für die Soziale Arbeit

2023. 136 Seiten, 2 Abbildungen. Kartoniert. € 29,–
ISBN 978-3-17-038452-1
Reihe: Grundwissen Soziale Arbeit

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Wohnungslosigkeit ist schon immer ein großes Thema für die Soziale Arbeit. Wieso ist das so?

Prof. Dr. Claudia Steckelberg
Prof. Dr. Claudia Steckelberg

Wohnungsnot ist vor allem im städti­schen Raum ein dauer­haftes soziales Problem der modernen kapi­talis­ti­schen Gesell­schaft. Soziale Arbeit hat sich seit ihren Anfängen mit sozialer Ungleich­heit be­schäf­tigt, die sich auch in Armut und Wohnungs­losig­keit zeigt. Dies geschah sowohl mit einer eman­zipa­tori­schen Aus­rich­tung, indem die Lebens­verhält­nisse von Menschen im Stadt­teil ver­bessert und ihre Rechte gestärkt wurden, aber auch mit repres­siven Ansätzen, die die Bevor­mundung und Dis­zipli­nie­rung von wohnungs­losen Menschen zum Ziel hatte.

Wie ist die Situation auf dem Wohnungs­markt derzeit?

Insbesondere in Großstädten, aber zuneh­mend auch in länd­lichen Regionen, ist die Ver­sor­gung mit bezahl­barem Wohn­raum für eine wachsende Zahl an Menschen nicht mehr gegeben. Das hat drama­tische finan­zielle, gesund­heit­liche und soziale Folgen für die­jenigen, die keinen eige­nen Wohn­raum haben und in Not­unter­künften und auf der Straße leben müssen. Gegen diese Wohnungs­not ist profit­orien­tier­ter Neubau aus privater Hand keine Lösung, vielmehr müssen wohnungs­poli­tische Maß­nahmen umge­setzt werden wie bspw. sozialer Wohnungsbau.

Was macht Wohnungslosigkeit zu einem sozialen Problem?

Wohnungslosigkeit verstößt gegen das Grund­recht auf ein menschen­würdiges Leben und schließt Menschen aus der Teil­habe aus wich­tigen gesell­schaft­lichen Berei­chen aus, was nicht zuletzt die demo­krati­sche und soli­dari­sche Gesell­schaft gefährdet.

Wie kann die Soziale Arbeit Abhilfe schaffen?

Soziale Arbeit muss auf unter­schied­lichen Ebenen agieren. Einzelfallbezogen muss Menschen durch Not­ver­sor­gung, Beratung und Unter­stüt­zung bei der Durch­set­zung ihrer Rechte geholfen werden. In der Stadt­teil­arbeit ist das Ziel die Ver­besse­rung der Lebens­bedin­gun­gen durch Empowerment und Netzwerk­arbeit. Um nicht Gefahr zu laufen, lediglich Elend zu verwalten, sondern Ver­hält­nisse aktiv mit­zu­gestal­ten, ist eine Lobby­arbeit für und mit den Adres­sier­ten wie auch eine kommunal- und bundes­poli­tische Ein­mischung unerlässlich.

Im Buch nehmen Sie nicht nur die Soziale Arbeit in die Pflicht, sondern auch die Politik. Was muss poli­tisch getan werden, um der Wohnungs­losig­keit ange­messen zu begegnen?

Wohnungspolitisch muss der soziale Wohnungs­bau sehr viel mehr geför­dert werden, es braucht Wohn­raum im öffent­lichen Besitz, der als Gemein­gut gestaltet und verwal­tet wird und nicht entlang von Profit­inte­ressen ins­beson­dere des finan­ziali­sier­ten Immobilienmarkts. Die Rechte von Mieter­innen und Mietern müssen (wieder) verstärkt werden, damit Men­schen verläss­lich in ihren Wohnungen leben können ohne die exis­ten­zielle Bedrohung des Wohnraumverlusts.


Prof. Dr. Claudia Steckelberg hat die Professur für Sozial­arbeits­wissen­schaft an der Hoch­schule Neubrandenburg inne und ist Vor­stands­mitglied der Deutschen Gesell­schaft für Soziale Arbeit.

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