Der neue Band der Reihe „BrennÂpunkt Schule“ beantwortet Fragen, die für alle Pädagoginnen und Pädagogen relevant sind: Wie kommt es zu rechtsextremen Einstellungen unter Schülern? Wie erkenne ich solche Tendenzen, und was kann ich dagegen tun? Und wo liegen die Grenzen meiner Möglichkeiten? Wir haben die beiden Autoren gebeten, uns einige Fragen zu den Hintergründen des Bandes und zu ihrer Herangehensweise an das Thema zu beantworten. Lesen Sie hier das Interview.
Michael May/Gudrun Heinrich
RechtsÂextreÂmismus pädaÂgoÂgisch begegÂnen
HandÂlungsÂwissen für die Schule
2020. 184 Seiten. Kart. € 34,–
ISBN 978-3-17-037222-1
Aus der Reihe BrennÂpunkt Schule
InwieÂfern ist das Thema RechtsÂextreÂmismus und Schule heute – vielÂleicht noch mehr als bisÂlang – releÂvant?
Prof. May: Schule verÂhält sich hier wie ein BrennÂglas, unter dem sich gesellÂschaftÂliche HerausÂfordeÂrungen, StimmunÂgen und ProbÂleme besonÂders deutÂlich zeigen. Die aktuelÂlen HerausÂfordeÂrunÂgen, vor denen unsere GesellÂschaft und jeder einÂzelÂne stehen, sind auch in den Schulen sichtÂbar. Nun darf nicht alles auf die Schule als ‚FeuerÂlöscher‘ abgeÂwälzt werden. DenÂnoch bildet sie eine wichÂtige SoziaÂlisaÂtionsÂinstanz und darf die Augen vor solÂchen TendenÂzen nicht verÂschlieÂßen.
Was können Ursachen für rechtsÂextreme EinÂstelÂlungen unter SchülerÂInnen sein?
Dr. Heinrich: Zunächst einmal sind rechtsÂextreÂme EinÂstelÂlungsÂfacetÂten weit in der GesellÂschaft verÂbreiÂtet. Es exisÂtiert also zuÂnächst einÂmal ein DeutungsÂangeÂbot, das auch von SchülerÂInnen aufÂgeÂgriffen werÂden kann. Es sind zudem aber vor allem bioÂgrafiÂsche OhnÂmachtsÂerfahÂrunÂgen und AnerÂkenÂnungsÂdefiÂzite, die die HeÂrausÂbilÂdung von EinÂstelÂlunÂgen JugendÂliÂcher beÂeinflusÂsen. Für den pädaÂgoÂgiÂschen UmÂgang ist es zwinÂgend notÂwenÂdig, den ProzessÂcharakÂter des poliÂtiÂschen WerÂdens zu betoÂnen. Nur unter dieser VorausÂsetÂzung machen pädaÂgoÂgiÂsche StrateÂgien und InterÂvenÂtioÂnen überÂhaupt Sinn.
Was können PädaÂgogÂInnen tun, um rechtsÂextreÂmen TenÂdenÂzen in der Schule zu begegÂnen?
Prof. May: Der von uns vorÂgeschlaÂgene Weg betont, dass in der Schule ParÂtiziÂpaÂtion und WertÂschätÂzung der SchüÂlerÂInnen gelebt werden müssen, um AnerÂkennungsÂdefiÂzite nicht fortÂzuÂschreiÂben. Neben dieÂser „theraÂpeuÂtiÂschen StraÂtegie“ verÂfolÂgen wir einen „wissens- und kompeÂtenzÂorienÂtierÂten AnÂsatz“, der daÂrauf baut, dass über AufÂkläÂrung und WisÂsen ErÂkenntÂnisse als BlocÂkaden gegen rechtsÂextreme EinÂstelÂlungen aufÂgeÂbaut werÂden könÂnen.
Dr. Heinrich: WichÂtig ist uns hierÂbei die ErÂkenntÂnis, dass moraÂlische ZurückÂweisunÂgen die pädaÂgoÂgiÂsche BezieÂhung gefährÂden könÂnen. Daher sollÂte es auch darum gehen, RechtsÂextreÂmisÂmus als Teil gesellÂschaftÂliÂcher KonÂflikÂte wahrÂzuÂnehÂmen und die AusÂeinÂanderÂsetÂzung damit in UnÂterÂricht und Schule zu wagen. Die AnwenÂdung von OrdÂnungsÂmaßÂnahÂmen zum Schutz BeteiÂligÂter ist ein mitÂunter notÂwendiÂges, aber nicht vorÂrangiÂges EleÂment, wenn pädaÂgogiÂsche StraÂteÂgien verÂsagt haben. Es ist uns durchÂaus bewusst, dass dieser Weg herausÂforÂdernd ist. LetztÂlich ist es ein PläÂdoÂyer für eine KulÂtur der AnerÂkenÂnung und für den Mut zum konÂtroÂverÂsen DisÂkurs.
Das Interview führte Alexa Strittmatter aus dem Lektorat des Bereichs Pädagogik/Soziale Arbeit.
Bleiben Sie auf dem Laufenden –
Abonnieren Sie den Kohlhammer Newsletter