Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT)

In unserem aktuellen Inter­view sprechen wir mit Dr. Christian Stiglmayr. Der Experte auf dem Gebiet der Dialek­tisch-Behavioralen Therapie (DBT) erläu­tert die Besonder­heiten und den Nutzen der DBT, einer der am besten evaluierten Metho­den zur Behand­lung der Border­line-Persönlichkeits­störung. Er gibt Einblicke in die Wirk­samkeit, Anwendungs­gebiete und zentralen Elemente dieser Therapie­form und beleuch­tet, was sein Buch über DBT von anderen unter­scheidet.

Portrait von PD Dr. Christian Stiglmayr
PD Dr. Christian Stiglmayr
(© 2018 | fotostudiocharlottenburg)

Was macht die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) zur am besten evaluier­ten Methode zur Behand­lung der Border­line-Persön­lichkeits­störung (BPS)?

Die DBT wurde in den 1980er Jahren von Prof. Dr. Marsha Linehan entwickelt. Schon von Anfang an war Linehan darum bemüht, ihre neu entwickelte Metho­de auf deren Effekti­vität zu über­prüfen Die ersten Publi­kationen, die eine Effekti­vität der DBT nach­weisen konnten, erschienen in den Jahren 1991 und 1993. Schon immer war es Ziel der DBT-Entwick­lerInnen und ‑PraktikerInnen, mit einer Weiter­entwicklung der DBT auf aktuelle Studien­ergebnisse zu reagie­ren. Zusätz­lich wurde die DBT fort­während an aktuelle Gegeben­heiten und Erforder­nisse ange­passt, worüber zahl­reiche Modifi­kationen (setting- wie auch störungsspezifisch) entwickelt und evaluiert wurden. Aus diesem Grund liegt für die DBT mittler­weile eine große Anzahl an Studien vor, welche die DBT sowohl unter standardi­sierten wie auch unter natura­listischen Bedin­gungen unter­sucht haben. In den S3-Leitlinien wird die DBT aus diesem Grund als die Methode mit den meisten Wirk­samkeits­nachweisen geführt.

Zur DBT wurden bereits viele Bücher veröffent­licht. Warum sollten LeserInnen bei dieser recht großen Auswahl zu Ihrem Buch greifen – worin hebt es sich von den Konkurrenz­werken ab?

Das Buch beschreibt kompakt und klar strukturiert die DBT, deren Anwendungs­gebiete und Effekti­vität.

Die DBT wurde für die Behand­lung von BPS-PatientInnen entwickelt. Gibt es auch andere Störungs­bilder, bei denen die DBT erfolg­reich einge­setzt wird?

Die DBT kann für nahezu alle Stö­rungen, denen eine Störung der Emotions­regulation zugrunde liegt, zur Anwen­dung gebracht werden. Evaluierte Kon­zepte liegen für die Behand­lung einer Ess­störung, einer Substanz­abhängigkeit, einer AD(H)S, einer PTBS, einer Depression sowie Stö­rungen der Emotions­regulation im Jugendalter vor.

Welches sind die zentra­len Elemente der DBT?

Die zentralen Elemente der DBT sind deren Hal­tung, die sehr klare Struk­tur, die Dialektik, das Konzept des Wise Mind, das Fertig­keiten­training und die Arbeit im Konsul­tations­team. Die Haltung zeichnet sich durch acht Grund­annahmen aus, welche eine wohl­wollend-empathische und gleich­zeitig sehr klare Begeg­nung zwischen Thera­peutIn und PatientIn befördern. Eine trans­parente und vorweg definierte Therapie­struktur bietet auch innerlich sehr unstruktu­rierten, weil sehr emo­tionalen Menschen, einen für sie halt­gebenden Rahmen. Die Dialektik bietet den welt­anschau­lichen Rahmen, unter welchem die DBT wirksam wird; sie ist bestimmt durch die Heraus­arbeitung sich wider­sprechender Wahrheiten (z. B. „Ich möchte mich verändern, habe aber zu viel Angst davor“) und der Ent­wick­lung indivi­dueller Lösungen. Das Konzept des Wise Mind gilt als die effektivste Fertig­keit zur Auflösung zweier sich wider­sprechender Pole. Im Fertig­keiten­training werden im Rahmen eines Gruppen­trainings die für eine Verän­derung notwendigen Fertig­keiten vermittelt.
Im Konsultations­team treffen sich regel­mäßig mit DBT arbeitende TherapeutInnen; darüber soll zum einen gewähr­leistet werden, dass die PatientInnen stets die best­mögliche DBT erhalten („Mehrere Köpfe sehen mehr als einer“) und zum anderen die einzelnen Thera­peutInnen vor einem Burn-out geschützt werden. Im Unter­schied zu den meisten anderen Therapie­methoden wird die DBT damit von einem Team sich gegen­seitig unter­stützender Thera­peutInnen durchgeführt.

Was würden Sie einer Thera­peutIn mitgeben, die die DBT zum ersten Mal anwen­den will?

Seien Sie dicht bei sich, seien Sie authen­tisch, seien Sie fein­fühlig – und glauben Sie an Ihr Gegenüber.

Herzlichen Dank für Ihre Zeit und Ihre Mühe!

Christian Stiglmayr
Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT)

2024. 145 Seiten mit 3 Abb. und 3 Tab. Kart.
€ 27,–
ISBN 978-3-17-036266-6

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