Mehr als Tipps und Psychotricks – Angewandte Handelspsychologie reloaded verbindet Theorie und Praxis

Prof. Dr. Joachim Hurth
Prof. Dr. Joachim Hurth

Die angewandte Handelspsychologie ergänzt die Erkennt­nisse des moder­nen Handels­marke­tings um rele­vante psycho­logi­sche As­pekte aus dem Be­reich des Kon­su­men­ten­ver­hal­tens im Rahmen der be­trieb­lichen Sortiments-, Laden­gestal­tungs-, Präsen­ta­tions-, Service- und Kom­muni­ka­tions­politik. Die Ziel­setzung ist es, der ratio­nalen, instru­men­tellen Heran­gehens­weise an prak­tische Frage­stel­lungen des Handels das hinzu­zufügen, worum es wirk­lich geht – die mensch­liche Perspektive. Inzwischen ist ein Reload, eine umfas­sende Aktua­lisie­rung und Er­gän­zung erfor­der­lich: Neben der Anwen­dung psy­cholo­gi­scher Er­kennt­nisse im sta­tio­nä­ren Einzel­handel sind im letz­ten Jahr­zehnt durch E-Commerce, Digital Mar­keting und Neuro­marke­ting neue Mög­lich­keiten, aber auch Risi­ken für den Handel ent­stan­den, die im Rah­men dieses Fach­buchs sys­tema­tisch und mit Blick auf die prak­tische Um­set­zung ver­ständ­lich dar­ge­stellt werden. Die Publi­kation haben wir zum Anlass genommen, um mit dem Autor, Prof. Dr. Joachim Hurth, der an der Ostfalia Hoch­schule in Wolfs­burg lehrt und forscht, ein Gespräch zu führen:

Umschlagabbildung des Buches

Joachim Hurth
Angewandte Handelspsychologie reloaded
Modernes Shopper Marketing

Ca. 357 Seiten. Kartoniert. Ca. € 49,–
ISBN 978-3-17-039949-5

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Insbesondere der statio­näre Handel kämpft seit Jahren mit wirt­schaft­lichen und struk­turel­len Pro­blemen – deshalb gleich zum Ein­stieg die Frage: Ist der Online-Handel der Sarg­nagel seines statio­nären Pendants?

Nein. Den stationären Handel wird es – auf abseh­bare Zeit – weiter geben. Die Menschen brauchen soziale und multi­sen­suale Erfah­rungen. Der stationäre Handel wird sich verän­dern müssen, aber nicht verschwinden.

Sie beschäftigen sich mit psycho­logi­schen As­pek­ten des Handels­managements – lassen sich hier­aus Lösun­gen für den klas­si­schen Handel ableiten?

Unbedingt. Wenn man ver­haltens­wissen­schaft­liche Erkennt­nisse berück­sich­tigt, z. B. zur be­grenz­ten Ra­tio­nali­tät, zur Bedeu­tung von Dau­men­regeln, zu Gründen von Loya­li­tät und Ver­trauen oder zur Ver­mei­dung von gedank­lichen Kon­flik­ten bieten sich un­zäh­lige Ver­bes­serungs­mög­lich­keiten. Oft kommt es auf Details an.

Was halten Sie in diesem Zusam­men­hang von Neuro­mar­keting und ähn­li­chen Konzepten, die suggerieren, Sie könnten Kunden kogni­tiv bei Kauf­ent­schei­dun­gen beeinflussen?

Menschliche Kommuni­kation ist immer darauf aus, zu be­ein­flussen. In fast jedem Gespräch wollen wir unser Gegen­über von un­se­rer Mei­nung über­zeugen. Daran ist auch im Mar­ke­ting grund­sätz­lich nichts aus­zu­setzen solange kein für den Emp­fän­ger schäd­liches Ver­hal­ten ausgelöst wird. Ob solche Ab­sich­ten über die bis­her gän­gi­gen Metho­den des Neuro­marke­tings, z. B. Gehirn­scanning, wirklich verbes­sert werden können ist nicht bewiesen.

Zu guter Letzt noch eine per­sön­liche Frage an Sie als Fach­mann und Kon­sumenten: Wie würden Sie sich selbst ein­schät­zen, eher leich­tes Opfer oder mit allen (psy­cho­logi­schen) Wassern gewaschener Smart Shopper?

Irgendwas dazwischen 😃

Aktuelle Daten zum Deutschen Einzelhandel (November 2022)

Die 3,1 Mio. Beschäftigten in knapp 320.000 Betrie­ben des deut­schen Einzel­han­dels erwirt­schaf­ten nach An­gaben des Sta­tis­ti­schen Bundes­amtes aktuell einen Um­satz von 670 Mrd. Euro, das ent­spricht einem An­teil von 35 Pro­zent an den pri­va­ten Kon­sum­aus­gaben in Deutschland. Der Discounter Lidl er­zielt dabei die höchste Flä­chen­pro­dukti­vi­tät mit 9.320 Euro/qm.

Allein im sog. Weih­nachts­geschäft werden knapp 112 Mrd. Euro Umsatz erzielt, das Bundes­land mit der höchs­ten Kauf­kraft ist Bayern; die Zahl der poli­zei­lich er­fass­ten Laden­dieb­stähle lag bei 256.694.

Die Kon­sum­laune, also die Ver­brau­cher­stim­mung, hat sich gemäß dem Handels­verband Deutschland (HDE-Konsum­baro­meter 2022) nach monate­langen Rück­gängen in­zwi­schen wieder stabi­li­siert, aller­dings auf nie­drigem Niveau: Die Ver­brau­che­rin­nen und Ver­brau­cher blei­ben vor­sich­tig und über­legen bei An­schaf­fungen sehr genau, was sie sich zu wel­chem Preis kaufen.

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