Robert Bosch –
Für Freihandel und den Sechsstundentag

Der Technikhistoriker Hans-Erhard Lessing beschreibt in dieser Biografie von Robert Bosch den Aufstieg seiner Firma und die bahn­brechenden technischen Entwicklungen, auf denen er beruhte. Vor allem geht er aber der Frage nach: Was für ein Mensch war Robert Bosch privat? Dazu hat er neu recherchiert und konnte bisher unveröffent­lichte Tagebücher, Briefe und Fotos ausfindig machen.

Er zeichnet das Bild eines Mannes, dem die Förderung von Gesundheit, Bildung und Völker­verständigung Zeit seines Lebens wichtig war. Bosch setzte sich sehr für eine gute Beziehung zwischen Deutschland und Frankreich ein und veröffentlichte 1932 ein visionäres Manifest: „Die Verhütung künftiger Krisen in der Weltwirtschaft“ – in seinen Augen seine bedeutungsvollste Publikation. Sie wird in der Biografie gekürzt abgedruckt und von dem Wirtschafts­theoretiker Harald Hagemann gewürdigt.

Kurz vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten wollte Robert Bosch der verheerenden Arbeitslosigkeit, der politischen Radikalisierung, den Klassenkampf­parolen und den wachsenden internationalen Spannungen etwas entgegensetzen. Er wandte sich gegen Autarkie­bestrebungen, Abschottung und die starken Tendenzen zur Einführung von Zöllen in allen Ländern. Bosch war überzeugt, dass der freie Welthandel die Grundlage für Aufschwung und Wachstum ist und damit allen Menschen ein besseres Leben ermöglicht.

In seinem Manifest schlug er eine Arbeitszeit­verkürzung auf sechs Stunden täglich vor, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Bosch war ein Pionier der Sozialen Marktwirtschaft: Mit der ganz frühen Einführung des Achtstundentags bei vollem Lohnausgleich und einer Betriebsrente für alle Arbeitnehmer setzte er Maßstäbe. Bereits 1918 hatte er sich für eine Zusammen­arbeit mit der Sozialdemokratie und einen Ausgleich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern eingesetzt.

Bosch formuliert in dem Manifest seine zentralen Grundsätze und Visionen für die Zukunft, und schickte es an den Reichskanzler Heinrich Brüning. Es wurde vom Staatssekretär in der Reichskanzlei positiv aufgenommen und mit einem ausführlichen Kommentar versehen. Aber Brüning musste kurz darauf zurücktreten. Der Wirtschaftstheoretiker Harald Hagemann untersucht die wichtigsten Aussagen in einem eigenen Beitrag und stellt den Text in einen größeren historischen Zusammenhang.

200 Marks
Foto: La Citta Vita (flickr.com)

Der Durchbruch der Firma Bosch zum Weltunternehmen gelang durch den Hochspannungszünder mit Zündkerze für die schnelldrehenden Benzinmotoren der aufkommenden Automobile, der Siegeszug der „Verbrenner“ begann. Seit Anmeldung des Patents 1902 bis heute hat die Firma weit über 10 Milliarden Zündkerzen produziert. Auch bei der Diesel-Einspritztechnologie, die 1927 serienreif und ein Riesenerfolg wurde, ist die Firma Bosch Weltmarktführer.

Doch nun hat eine neue Ära begonnen. Das E-Auto macht dem Verbrenner Konkurrenz. Mehr als 50% der neu zugelassenen Autos in China fahren heute elektrisch. Wie wird sich die Firma Bosch in dieser Transformation bewähren? Robert Bosch war in seinem Denken und Handeln seiner Zeit immer weit voraus. Auch heute gehört Bosch weiter zu den Unternehmen mit den meisten Patentanmeldungen in Europa. Kein anderer Autozulieferer baut selbst Chips und ist so nah an Brennstoffzelle, automatisierten Fahrsystemen oder Künstlicher Intelligenz.

Aber mehrere Autohersteller haben in den vergangenen Wochen Gewinnwarnungen herausgegeben. Die Lage der Branche ist schlecht, und das wirkt sich stark auf Bosch aus. Die Mobilitätssparte erwirtschaftet bei Bosch immer noch über 60% vom Umsatz. Zwar hat schon Robert Bosch andere Standbeine aufgebaut. Er übernahm im Jahr 1932 Junkers Gasthermen, baute Heizungen, den ersten Kühlschrank und Bohrmaschinen. Aber auch die Hausgerätesparte steht heute stark unter Druck. 3500 Arbeitsplätze sollen im Autozulieferbereich abgebaut werden, die gleiche Zahl bei den Hausgeräten.

Können die besonderen Bosch-Traditionen helfen, die Krise zu meistern? Kaum eine Weltfirma hält das Andenken an ihren Gründer so hoch wie Bosch. Was unterscheidet die Firma von anderen Konzernen?

Robert Bosch hat stets auf seine Innovationskraft gesetzt, und auf Unabhängigkeit von den Einflüssen fremder Geldgeber geachtet. Börsennotierte Firmen müssen Rücksicht auf die Aktionäre nehmen und auf die Rendite achten. Die Firma Bosch kann langfristiger planen und in die Zukunft investieren.

Die Firma Bosch setzt auf sehr innovative und flexible Arbeitszeitmodelle und hat qualifizierte Mitarbeiter immer als wichtigstes Kapital betrachtet. Demnächst sollen mehr als 6000 Beschäftigte von der 40- zur 35-Stunden-Woche zurückkehren. Ihre Verträge basieren auf 35 Stunden, die Arbeitszeit war aber flexibel ausgeweitet worden. So können Massenentlassungen, wie jetzt bei VW geplant, vermieden werden.

Hans-Erhard Lessing ist Physiker und Technikhistoriker, er war Hauptkonservator an Museen in Mannheim und Karlsruhe. Er hat unter anderem mehrere Bücher zum Thema Mobilität geschrieben und den badischen Zweirad-Erfinder international rehabilitiert.

Harald Hagemann ist Wirtschaftstheoretiker und -historiker. Von 2013 bis 2019 war er Vorsitzender der Keynes-Gesellschaft. Er ist Ehrenpräsident der European Society for the History of Economic Thought.

Den Artikel schrieb Karin Burger aus dem Lektorat Geschichte/Politik/Gesellschaft.

Bildnachweis: Bild von La Citta Vita (www.flickr.com/photos/la-citta-vita/5940090494) verwendet unter CC BY-SA 2.0.

Hans-Erhard Lessing/Harald Hagemann
Robert Bosch
Sechs Stunden für die Rettung der Welt

234 Seiten mit 58 Abb. Kart.
€ 29,–
ISBN 978-3-17-042507-1

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