Sozialraumorientierung ist ein grundlegendes Handlungsfeld in der Sozialen Arbeit: Denn mit der Orientierung am Sozialraum verbessern SozialÂarbeiÂterinÂnen und SozialÂarbeiÂter nicht nur den Alltag eines Menschen, sondern das ZusammenÂleben aller BewohÂneÂrinnen und Bewohner eines QuarÂtiers oder StadtÂviertels. Wie das gelingen kann, erklärt Martin Becker, HerausÂgeber des „HandÂbuches SozialÂraumÂorienÂtierung“, im Interview.
Martin Becker (Hrsg.)
Handbuch Sozialraumorientierung
2020. 274 Seiten. Kart. € 39,–
ISBN 978-3-17-037238-2
Prof. Dr. Martin Becker lehrt an der KathoÂlischen HochÂschule FreiÂburg mit dem SchwerÂpunkt HandlungsÂkonzepte und Methoden der Sozialen Arbeit.
Herr Becker, was macht eine gute SozialÂraumÂorienÂtierung aus?
Zu allerÂerst ein klares und konsisÂtentes BegriffsÂverÂständÂnis, das auf die InterÂdepenÂdenzen sozialer und räumÂlicher KonÂtexte fokusÂsiert und nicht den Fehler begeht, am ContainerÂmodell verÂhaftet zu bleiben und „SozialÂraum“ als terriÂtoriaÂlen ErsatzÂbegriff zu verwenÂden. Weitere GüteÂkriteÂrien sind neben raumÂtheoreÂtischer FunÂdieÂrung, die IntegraÂtion der KonÂzepte Ressourcen- und LebensÂweltorienÂtierung sowie der NetzÂwerkÂtheorie und partiÂzipativer OrganiÂsationsÂkonzepte. Daraus ergibt sich eine auf dem humanisÂtischen MenschenÂbild grünÂdende profesÂsioÂnelle Haltung, die auf nachÂteilsÂausgleiÂchende UnterÂstützung, partiÂzipaÂtive KoopeÂration und emanziÂpative SelbstÂorganiÂsation setzt.
Warum spielt SozialÂraumÂorienÂtierung in der Sozialen Arbeit eine so große Rolle?
Dafür gibt es sehr unterÂschiedlich Gründe. Die Anliegen, insÂbesondere aus dem BeÂreich der gesetzÂlichen JugendÂhilfe, galten ursprüngÂlich der WeiterÂentwickÂlung zuvor EinzelÂfall orienÂtierter Hilfen, um soziale und räumÂliche KompoÂnenten, hin zu einer ganzÂheitÂlichen BearÂbeitung; bekannt unter dem Motto „der Fall im Feld“. Diese EntÂwickÂlung wurde begÂleitet und konterÂkariert von sozialÂpoliÂtischen und -manageÂriellen InteÂressen der EffiÂzienzÂsteiÂgerung durch KostenÂminimieÂrung. Beide EntÂwicklungsÂprozesse führÂten zu verstärkÂtem NachÂdenken über und BeschäfÂtigung mit konzepÂtionellen VerÂknüpÂfungen räumÂlicher und sozialer KonÂtexte.
Was möchten Sie SozialÂarbeiÂteÂrinnen und SozialÂarbeiÂtern mitÂgeben, die sozialÂraumÂorienÂtiert arbeiten wollen?
Löst Euch vom Denken, LebensÂräume von MenÂschen ließen sich als behälÂterarÂtige Räume beschreiben und erklären! Die VerflechÂtungen sozialer und räumÂlicher Kontexte sind dafür zu komplex. Menschen leben sowohl in und mit soziaÂlen BezieÂhungsÂnetzen und subÂjektiv empfunÂdenen QuarÂtieren als auch in phyÂsischen NachÂbarÂschaften, in baulich und adminisÂtrativ abÂgrenzÂbaren StadtÂteilen. Sie bewegen sich in mobiÂlitäts- und InteÂressenÂabhänÂgigen AktionsÂräumen und werden beÂeinÂflusst von sozioÂökonoÂmischen und sozioÂkultuÂrellen Prozessen.
Eignet sich Ihre Handbuch SozialÂraumÂorienÂtierung auch für StudieÂrende?
Ja, weil es das HandlungsÂkonzept SozialÂraumÂorienÂtierung (SRO) mit seinen theoÂretiÂschen GrundÂlagen in kompakÂter Weise erÂklärt und mit dessen UmÂsetzung in der Praxis SoziaÂler ArÂbeit kombiniert. Dadurch kann StudieÂrenden der Zugang zu konzepÂtionelÂlem Handeln eröffÂnet und erleichÂtert werden. ZusätzÂlich bietet dieses HandÂbuch einen breiten ÃœberÂblick über die BedeuÂtung und AnwenÂdung des HandlungsÂkonzepÂtes SRO in unterÂschiedÂlichen HandÂlungsÂfeldern Sozialer Arbeit.
Das Interview führte Elisabeth Häge aus dem LekÂtorat des Bereichs Pädagogik/ Soziale Arbeit.
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