Marktwirtschaft und Wettbewerb haben sich weltweit als ErfolgsÂmodell etabliert. Ãœber globale WertÂschöpfungsÂketten sind UnterÂnehmen und KonsuÂmenten eng mit der wirtÂschaftÂlichen, sozialen und ökoÂlogiÂschen SituaÂtion in anderen Ländern verbunden. An Unternehmen, Konsumenten und letztlich an die Politik ergeht häufig der Vorwurf, zu wenig für Ökologie, MenschenÂrechte und soziale SicherÂheit bzw. gegen AusÂbeutungsÂverÂhältÂnisse und andere MissÂstände zu tun. Der Band „Globale Verantwortung. Wert und Werte in MarktÂwirtÂschaft und UnterÂnehmen“ aus der DenkÂanstöße-Reihe zeigt eine VielÂfalt von Themen und PerÂspekÂtiven zu globaÂler VerantÂwortung von WirtÂschaft und UnterÂnehmen und gibt verschieÂdenen releÂvanten Akteuren GelegenÂheit, ihre StandÂpunkte darzulegen. Die Herausgeber Dr. Kai Thürbach, Professor für UnterÂnehmensÂführung und EntreÂpreneurÂship an der TH Köln, und Dr. Rainer Völker, wissenÂschaftÂlicher Leiter des InstiÂtuts für Management und Innovation (IMI) und ProÂfessor für Management an der HochÂschule für WirtÂschaft und GesellÂschaft LudwigsÂhafen am Rhein, standen aus Anlass der VerÂöffentÂlichung des Bandes für ein kurzes Interview zur Verfügung.
Kai Thürbach/Rainer Völker (Hrsg.)
Globale Verantwortung
Wert und Werte in Marktwirtschaft und Unternehmen
324 Seiten. Kartoniert. € 42,–
ISBN 978-3-17-041118-0
Aus der Reihe Denkanstöße
Nicht wenige Ökonomen vertreten den StandÂpunkt, dass die GewinnÂorienÂtierung bzw. die ProfitÂmaxiÂmieÂrung nach wie vor der ideale Weg sei, das unterÂnehmeÂrische Handeln ethisch, nachÂhaltig, sozial und für die GesellÂschaft zielÂführend zu organiÂsieren – wie stehen Sie dazu?
Vom Grundsatz her hat es sich nicht geändert: Das Streben nach Gewinn bei UnterÂnehmen und das Streben nach BedürfÂnisÂbefrieÂdigung bei KonsuÂmenten sind zentrale Triebfedern. Und die MarktÂwirtÂschaft ist die ideale OrganiÂsationsÂform, die die jeweiÂligen AngeÂbote und die jeweiÂlige NachÂfrage effiÂzient koordiÂniert. Jeder Ökonom weiß allerÂdings auch, dass eine Laissez-faire-Marktwirtschaft in punkto sozialen AusÂgleiches und in UmweltÂschutzÂfragen versagen muss. Insofern gibt der Staat soziale RegeÂlungen vor und muss auch bei ökologiÂschen Themen interÂvenieren. Hier gibt es allerÂdings zwei GrundÂvarianten: In der NachÂhaltigÂkeitsÂdebatte – egal, ob beiÂspielsÂweise bei VerÂmeiÂdung von Müll oder in der EnergieÂpolitik – kann man durch Verbote agieren oder wieder über Preise MarktÂmechaÂnismen wirken lassen. Meistens sind MarktÂmechaÂnismen in der EffiÂzienz überlegen. Es braucht also beides: wettÂbewerbÂlich verÂfasste Märkte und eben passende EinÂgriffe des Staates. Die Frage nach der dazu passenden Balance ist übrigens ein wichtiger Aspekt in unserem Buch.
Bildet die inzwischen recht umfangÂreiche SchutzÂgesetzÂgebung für Ökologie, MenschenÂrechte, soziale Sicherheit u. a. nicht einen StandortÂnachteil für deutsche Unternehmen?
Oberflächlich – nur auf momentane Kosten bezogen – könnte man dies so sehen. Aber zum einen müssen wir alle – auch UnterÂnehmensÂverantÂwortÂliche – uns den globalen Problemen stellen und entÂsprechend VerÂantworÂtung überÂnehmen. Die Einhaltung von MenschenÂrechten entlang der ausgeÂlösten WertÂkette sollte ohnehin selbstÂverÂständÂlich sein. Klar, die Frage ist schon, wenn wir an manche GesetzÂgebung in der KlimaÂfrage denken, was die richÂtige DosieÂrung bei Regeln ist? Macht es Sinn hier mit heimiÂschen VerÂboten voranÂzuÂgehen und dann etwa zu merken – wie dies jetzt Studien zeigen – dass die einÂgesparÂten BrennÂstoffe schlicht in anderen Ländern nachÂgefragt und verbraucht werden? Manche Gesetze sind gut gemeint, entÂfalten aber nicht die gewünschte Wirkung, leisten also am Ende keinen Beitrag dazu, die Welt besser zu machen. Auch das sieht man leider. Komplexe SachÂverhalte lassen sich eben manchÂmal nicht einfach lösen, auch wenn wir uns das wünschen.
Die deutsche WirtÂschaft erlebt zurzeit eine Rezession und viele warnen vor einer ÃœberÂfordeÂrung, insbeÂsondere das „LieferÂkettenÂgesetz“ mit seinen diffeÂrenzierÂten HafÂtungsÂregeln stand im Zentrum der Kritik. Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage?
Zum LieferÂkettenÂsorgfaltsÂpflichtenÂgesetz ist anzuÂmerken, dass deutsche UnterÂnehmen darauf schon recht gut vorÂbereiÂtet waren. Auch die NotÂwendigÂkeit hier iniÂtiativ zu werden, wird bei vielen UnterÂnehmen gesehen. Aber wie vorhin schon angeÂmerkt: Bei solchen RegeÂlungen kommt es zentral auf die AusÂgestalÂtung an. Es gilt, frühÂzeitig mit WirtÂschaftsÂverbänden zu sprechen, zu erkennen wie man Gesetze praktiÂkabel ausÂgestalÂten kann und wie mögÂlichst unÂnötige BüroÂkratie vermieÂden wird. Wie einige BeiÂspiele zeigen, werden solche an und für sich einÂfachen GrundÂsätze nicht immer beachtet.
Sie zeigen in dem von Ihnen herausÂgegeÂbenen Band auch BeiÂspiele aus der moderÂnen ManageÂmentÂausbildung, die auf soziale, ökoÂlogische und gesellÂschaftlich-ethische Aspekte ausÂgerichtet sind. Ist das gemessen an der wirtÂschaftÂlichen Praxis mit ihrem harten KostenÂwettÂbewerb nicht AugenÂwischerei aus dem Elfenbeinturm?
Sicherlich gibt es bei der AußenÂdarÂstelÂlung von UnterÂnehmen noch zu viel GreenÂwashing. Nach unseren ErfahÂrunÂgen gilt es aber zwei Dinge festÂzuÂhalten: Zum einen gibt es eine stetig steigende und vor allem ehrÂliche NachÂfrage von UnterÂnehmensÂseite nach einer Aus- und WeiterÂbildung im Bereich NachÂhaltigÂkeitsÂmanagement. Circular Design Economy oder nachÂhalÂtiges InnoÂvationsÂmanagement sind entÂsprechende Schlagworte. Aufgrund eines wachÂsenden Drucks seitens der GesellÂschaft und letztÂlich auch von den AktienÂmärkten, kann sich eine moderne UnterÂnehmensÂführung dem nicht verÂschließen. Zum anderen gibt es immer mehr GeschäftsÂführer und EigenÂtümer, die sich in einer globalen VerÂantworÂtung und/oder in einer VerÂantÂworÂtung gegenÂüber nachÂfolÂgenden GeneÂratioÂnen sehen. Manche EigenÂtümer wollen ihr UnterÂnehmen als klimaÂneutraÂles und „global gerechtes“ UnterÂnehmen an ihre NachÂfolger übergeben. Viele Manager und UnterÂnehmer nehmen ihre VerantÂwortung ernst – am Ende sind sie es, die diese Themen im tägÂlichen WirtÂschafÂten nach vorne bringen. Aber es kommt eben auch auf gute und klug konziÂpierte RahmenÂbedinÂgungen, den Kontext, an. Dieses SpannungsÂverhältÂnis beleuchtet das Buch auch.
Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie die Soziale MarktÂwirtÂschaft, die in diesem Jahr ihren 75. GeburtsÂtag feiert und zum weltÂweiten MarkenÂzeichen geworden ist, in 25 Jahren?
Wir denken, dass die soziale MarktÂwirtÂschaft nach wie vor ein ErfolgsÂmodell bleiben wird. Jedoch sind sinnÂvolle ökoloÂgische Regeln, die zum Prinzip einer MarktÂwirtÂschaft passen, zum Beispiel ein CO2-Preis, noch stärker zu integrieren. Dass dies geht und wichtig ist, wussten schon ÖkoÂnomen aus der Mitte des letzten JahrÂhunderts. In einer globalen Welt, die auch in unserem Buch skizÂziert wird, genügt es allerÂdings nicht, wenn nur einÂzelne Staaten voranÂgehen. Im Gegensatz zu früher ist die Welt von heute viel stärker durch die FreiÂzügigÂkeit von Kapital, Menschen und Waren, durch LieferÂketten oder durch die KlimaÂproÂbleÂmatik mitÂeinanÂder verbunden. Sicher ist es zuÂnächst posiÂtiv zu sehen, wenn Staaten im HinÂblick auf AbÂsicheÂrung, Umwelt- und KlimaÂschutz vorangehen. Ähnlich wie einÂzelne UnterÂnehmen stehen Staaten in einem WettÂbewerb und ein zu starkes, einÂseitiÂges VoranÂgehen kann zum VerÂlust der guten WettÂbewerbsÂposiÂtion oder gar zum NiederÂgang führen. Damit ist weder dem eigeÂnen Land noch der Welt geÂdient, denn das löst die globaÂlen Probleme nicht, sondern verÂlagert sie nur woanders hin. Nicht zuletzt die KlimaÂproÂbleÂmatik zeigt, dass ein kluges, abgeÂstimmÂtes Handeln notwendig wäre.
Haben Sie vielen Dank für das Gespräch!