Resilienzmanagement – die Antwort auf die strategischen Herausforderungen von heute und morgen?
Wie kleine und mittlere Unternehmen krisenfest agieren können
Angesichts vielfältiger Veränderungen im Umfeld von Unternehmen bedürfen sowohl deren Zielsysteme als auch Entscheidungsprozesse einer grundlegenden Modifikation. Besonders im Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) gewinnt Widerstandsfähigkeit in Form von Überlebensfähigkeit und Zukunftsfähigkeit an Bedeutung. Hier setzt das Konzept der Resilienz beziehungsweise des Resilienzmanagements an. Es wird gezeigt, dass eine Anpassung der Unternehmensstrategie und der strategischen Verfahren erforderlich ist. Ausgehend von einem systemischen Verständnis wird erarbeitet, was eine resiliente Unternehmensstrategie konkret ausmacht, was Resilienz sowohl im Allgemeinen als auch im Speziellen für Unternehmen bedeutet und welche Ansätze es zur Verankerung von Resilienzprinzipien in der Unternehmensstrategie gibt. Ergänzt wird dies durch vielfältige Praxisbeispiele, eine anwendungsbezogene Fallstudie und eine umfassende Checkliste.

Am 13. Juni 2024 konnten die ersten druckfrischen Exemplare an die Autoren übergeben werden – wir nehmen dieses schöne Ereignis zum Anlass, um über das Werk und die Relevanz des Themas zu sprechen.

Jakob Weber/Holger Held
Resilienzmanagement in KMU
Wie Unternehmen strategisch und widerstandsfähig agieren
2024. 165 Seiten mit 31 Abb. Kart.
€ 29,–
ISBN 978-3-17-044548-2
Der Resilienzbegriff wurde in der Ökonomie insbesondere durch die Folgen der Covid-Pandemie erst richtig populär – wie ist es im Mittelstand und bei KMU um die Unternehmensresilienz bestellt?
Prof. Dr. Holger Held: Resilienz oder eben auch Widerstandsfähigkeit ist ein Konzept, das wir aus vielen Wissenschaftsdisziplinen wie der Psychologie, der Physik, der Biologie oder der Soziologie kennen. In den Wirtschaftswissenschaften fasst ein Resilienzmanagement auch immer mehr Fuß. Aber tatsächlich sind gerade im Mittelstand und bei kleinen und mittleren Unternehmen dezidiert ausgearbeitete Strategie- und Zielformulierungen wie „verlässliche Sicherung der Überlebensfähigkeit und zukunftsfähige Ausrichtung des Unternehmens“ noch kaum verbreitet. Das liegt auch daran, dass seither konkrete Handlungsleitfaden und messbare Zielgrößen noch nicht wirklich vorhanden waren. Das genau war ja der Ausgangspunkt für unser Buch.
Was zeichnet resiliente Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Perspektive eigentlich aus?
Jakob Weber: Ein Unternehmen, das nicht in der Lage ist, sich an verändernde Bedingungen anzupassen, also nicht zukunftsfähig ist, wird auf Dauer nicht bestehen können, also nicht überlebensfähig sein. Überlebens- und zukunftsfähige Systeme zeichnen sich durch eine Handvoll von Resilienzprinzipien wie zum Beispiel Zusammenarbeit, Selbstbewusstsein, Agilität und Selbstregulation aus. Resiliente Unternehmen sind infolgedessen davon geprägt, dass bewusst Überlegungen angestellt und Ziele und Maßnahmen formuliert werden, wie die Resilienzkategorien ganzheitlich im Unternehmen verankert werden können. Damit wird auch Raum und Zeit sowie Problembewusstsein und Methodenkompetenz für strategisches Denken in weiten Teilen des Unternehmens geschaffen, was letztlich dazu beiträgt, Unternehmensziele in konkrete, umsetzbare Schritte zu übersetzen.
Worin liegen die Unterschiede zum Themenkomplex Risikomanagement, das häufig als Synonym betrachtet und gebraucht wird?
Jakob Weber: Während Risikomanagement dabei hilft, potenzielle Risiken, die zu Störungen führen können, zu identifizieren und zu mindern, trägt Resilienzmanagement dazu bei, die Fähigkeit eines Unternehmens zu entwickeln, auf Störungen zu reagieren und sich davon zu erholen sowie bestenfalls sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Will man die Unterschiede herausarbeiten, so beschäftigt sich Resilienzmanagement tendenziell mehr mit strategischen statt operativen Risiken. Außerdem findet es eher integrativ statt in Silos statt, eher im gesamten Unternehmen und nicht nur auf Ebene der Geschäftsführung. Es kann auch als eher vernetzt statt zentralisiert, eher proaktiv als reaktiv, eher bedrohungsunabhängig als bedrohungsabhängig charakterisiert werden. Resilienzmanagement kann so eine fundiertere Basis für den Umgang mit systemischen Störungen bieten als traditionelle Risikomanagementansätze. Risikomanagement stellt ein Instrument dar, mit dem ein Beitrag zum Resilienzmanagement geleistet werden kann, um im Ergebnis Resilienz zu erzielen – ein Maß für die allgemeine Fähigkeit eines Unternehmens, Veränderungen zu überstehen und im besten Fall sogar gestärkt aus ihnen hervorzugehen, letztlich verstanden als etwas wie die Gesundheit oder Fitness des Unternehmens.
Ist Resilienzmanagement nicht auch ein wichtiges Thema für Gründerinnen und Gründer?
Prof. Dr. Holger Held: Ich denke schon, aber vielleicht eher erst dann, wenn sich eine Geschäftsidee stabilisiert hat und der Unternehmensaufbau forciert werden soll. Dazu muss klar sein, dass Kunden ein echtes Problem oder Bedürfnis haben, für dessen Lösung oder für dessen Befriedigung sie auch Geld bezahlen. Und es muss ausreichend Kunden, sprich Marktpotenzial geben. Nur dann wird sich ein Geschäftsmodell auch finanziell lohnen. Ich nenne diesen Zeitpunkt immer „den Moment, wo Problem- und Wachstumshypothese bestätigt sind“. Dann allerdings, wenn Gründer:innen ihren Suchmodus verlassen und mehr oder weniger Gewissheit haben, dass das Geschäftsmodell funktionieren kann, dann wird Resilienz ein Thema. Dann nämlich muss ich beginnen, überlebensfähige und zukunftsfähige Strukturen aufzubauen, und dann helfen mir Kenntnisse um ein Resilienzmanagement natürlich in hohem Maße.
Haben Sie vielen Dank für das Gespräch!
Jakob Weber beschäftigt sich in seiner Dissertation mit Resilienz im strategischen Management und ist Absolvent im Masterstudiengang Business Development der Hochschule Aalen – Technik und Wirtschaft.
Prof. Dr. Holger Held lehrt dort seit 2002 im Studiengang Betriebswirtschaft für kleine und mittlere Unternehmen mit den Schwerpunkten Entrepreneurship, Start-up-Management und strategische Unternehmensplanung.