Anlässlich des Erscheinens des Werkes „Resilienz und Resilienzförderung über die Lebensspanne“ führten wir mit den Autoren Dr. Maike Rönnau-Böse und Dr. Klaus Fröhlich-Gildhoff das folgende schriftliche Interview.
Das Werk liegt mittlerweile in 3., erweiterter und aktualisierter Auflage vor!
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In Ihrem neuen Buch haben Sie sich mit „Resilienz und Resilienzförderung über die Lebensspanne“ beschäftigt. Könnten Sie uns bitte kurz erzählen, wie Sie auf dieses Thema gekommen sind?
Wir beschäftigen uns inzwischen seit zehn Jahren mit Resilienz und Resilienzförderung und haben durch eigene Forschungsprojekte Konzepte für Kindertageseinrichtungen und Schulen zur Resilienzförderung entwickelt. Diese Ansätze haben eine weite Verbreitung gefunden und sind positiv evaluiert worden.
Damit verbunden sind zunehmend Fragen zur Resilienzförderung auch in anderen Arbeitsfeldern aufgetaucht, wie z.B. der Jugendarbeit, der Psychotherapie aber auch der Gerontologie. Es wurden Arbeitsansätze entwickelt, um Resilienz in verschiedenen Altersgruppen zu fördern. Darüber hinaus setzen sich immer mehr interdisziplinäre Diskussionen und Konzepte mit der Resilienzförderung im Erwachsenenalter und hohen Alter auseinander.
Es fehlte bisher ein umfassender Überblicksband über Studienergebnisse, Praxiserfahrungen und fachliche Diskurse über die gesamte Lebensspanne. Diese Lücke soll mit unserem Buch geschlossen werden.
Weshalb haben Sie die gesamte Lebensspanne in den Blick genommen und sich nicht auf einen Entwicklungsabschnitt wie z.B. die Kindheit konzentriert?
Verschiedenste Ergebnisse der Resilienzforschung machen deutlich, dass sich Resilienz nicht nur auf einen Lebensabschnitt beschränkt, sondern für jedes Alter relevant ist. Resilienz ist eine dynamische Fähigkeit, die sich je nach kontextuellen Bedingungen und Erfahrungen über die Lebensspanne ändern kann. Zugleich können Erfahrungen mit Bewältigungsprozessen in früheren Entwicklungsphasen auch Auswirkungen auf die Bewältigung von Krisen und Belastungen in späteren Entwicklungsphasen und damit auf das Ausmaß der Resilienz haben.
Könnten Sie die Unterschiede der Resilienz und Resilienzförderung in den verschiedenen Entwicklungsphasen bitte kurz erläutern?
Die Resilienzförderung muss sich an den individuellen Bedürfnissen und Lebenswegen einer Person orientieren. Dabei können je nach Alter unterschiedliche Entwicklungsaufgaben und -themen eine Rolle spielen, die Bewältigungsverhalten beeinflussen. So steht im Fokus der Frühen Kindheit eine entwicklungsförderliche und resilienzstärkende Beziehung, während im Erwachsenenalter Themen wie Selbstwirksamkeit im Arbeitsleben und erfüllte Paar- bzw. Familienbeziehungen in den Vordergrund rücken.
Bei der Förderung von Resilienz sollten die dynamischen Prozesse berücksichtigt werden. Die Ansatzpunkte sind sehr ähnlich – Förderung der Schutz- und Resilienzfaktoren – die Umsetzung erfolgt altersentsprechend an den Themen und Möglichkeiten der jeweiligen Altersstufen ausgerichtet.
Welche Resilienzfaktoren halten Sie für besonders wichtig?
Es gibt Schutzfaktoren, die sind für jedes Alter gleich bedeutend und das ist z.B. eine stabile, unterstützende und zugewandte Beziehung. Positive Beziehungen haben nicht nur unmittelbare Auswirkungen, sondern tragen maßgeblich zur resilienten Entwicklung über die Lebensspanne bei bzw. eröffnen auch spätere Entwicklungsmöglichkeiten. Auf der Ebene der Person, der eigenen Fähigkeiten oder „Lebenskompetenzen“, wie es die Weltgesundheitsorganisation WHO ausdrückt, sind folgende Faktoren von Bedeutung: eine angemessene Selbst- und Fremdwahrnehmung, gute Selbststeuerungsfähigkeiten, positive Selbstwirksamkeitserwartungen, gut ausgeprägte soziale Kompetenzen, ein adäquates Problemlöseverhalten sowie gute Stressbewältigungsmöglichkeiten.
Weshalb benötigen vor allem junge Kinder von ihrem Umfeld Unterstützung in der Entwicklung von resilienten Fähigkeiten?
Die Entwicklung von Resilienz beruht hauptsächlich auf dem Erfahren sicherer, haltgebender Beziehungen und auf Erfahrungen, die dazu führen, dass die Resilienzfaktoren und damit die Bewältigungskomptenzen auf- und ausgebaut werden. Je früher und stabiler diese Basis gelegt werden kann, desto wahrscheinlicher ist eine resiliente Entwicklung über die Lebensspanne.
Wie kann Resilienzförderung genau aussehen? Könnten Sie uns dazu bitte einige Beispiele nennen?
Das orientiert sich wieder am Alter. Resilienzförderung in Kindertageseinrichtungen und Schulen müssen sich an der kognitiven und emotional-sozialen Entwicklung der Kinder ausrichten. Ein Beispiel wäre ein Stärkenbuch. In diesem werden alle Fähigkeiten und Kompetenzen von Kindern gesammelt und ihnen regelmäßig zurückgemeldet. Resilienzförderung im Alter kann sich mit der Unterstützung spezifischer Kompetenzen oder Funktionen alter Menschen befassen oder auch mit dem Lebenssinn und Zielen. Dabei gilt für jedes Altersstufe, dass nicht nur personale Faktoren gefördert werden sollten, sondern insbesondere soziale Schutzfaktoren und resilienzförderliche Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen.
Wir danken Ihnen sehr für das Interview, Ihre Zeit und Mühe.
Das Interview führte Celestina Filbrandt.