In einer effizienten Verwaltung sollten Behörden Daten direkt abrufen können, aber dafür ist eine eindeutige Identifikationsnummer nötig. Das Registermodernisierungsgesetz fügt den Datensätzen zur Person ihre Steuer-Identifikationsnummer hinzu, um einen reibungslosen Austausch zu ermöglichen. Das „Datenschutzcockpit“ schafft Transparenz, indem es Bürgern Einblick in den Datenaustausch zwischen Behörden gewährt. Die Umsetzung des Gesetzes ist komplex und betrifft verschiedene Verwaltungsebenen sowie Fachverfahrenshersteller und Datenschutzaufsicht.
Kürzlich erschien das Buch „Registermodernisierungsgesetz“. Der Titel klingt technisch und bürokratisch. Obwohl das Gesetz eigentlich das Gegenteil verfolgt. Um das Thema besser einordnen zu können haben wir mit der Autorin, Frau Dr. Laier, gesprochen.
Können Sie kurz erklären, worum es im RegMoG geht und warum es so wichtig ist?
Das RegMoG schafft die Voraussetzungen, dass die Verwaltung uns Bürgerinnen und Bürgern einen besseren Service bieten kann. Wenn wir heute eine Leistung beantragen, müssen wir lange Formulare ausfüllen und dort oft die gleichen Daten eintragen, die die Verwaltung an anderer Stelle bereits hat. Man denkt sich: Es müsste doch möglich sein, dass die Verwaltung diese Daten aus den Datenbanken der Ämter holt, in denen sie bereits enthalten sind, uns einen vorausgefüllten Antrag präsentiert und uns fragt: „Stimmen die Daten so, kann der Antrag damit weiter bearbeitet werden?“
Aber das ist heute nicht möglich. Unsere Verwaltungsregister sind nicht so organisiert, dass bei einer Abfrage zuverlässig die Daten der richtigen Person gefunden werden. Eine Behörde, die für die Bearbeitung eines Antrags von Eva Maier-Müller z.B. deren Familienstand benötigt, würde ihre Anfrage an das Amt, das dieses Datum hat, in etwa so formulieren: „Bitte teile mir den Familienstand von Eva Maier-Müller, geboren am…, mit folgender Adresse… mit“, und würde damit häufig scheitern, weil z.B. der anderen Behörde Eva Maier-Müller noch mit ihrem Mädchennamen oder ihrer früheren Adresse bekannt ist, der Straßenname anders abgekürzt ist, ihr Nachname ohne Bindestrich verzeichnet ist, oder es unter dieser Adresse gar zwei Personen dieses Namens gibt. Mit dem RegMoG wird in den wichtigsten Verwaltungsregistern künftig zusätzlich zu den Angaben zur Person ihre Steueridentifikationsnummer (IDNr) gespeichert. Da diese Nummer für jede Person einmalig ist und sich im Lauf des Lebens nicht ändert, kann man damit die Person, deren Daten benötigt werden, klar und eindeutig bezeichnen. Künftig würde die Anfrage also lauten: „Bitte teile mir den Familienstand der Person mit der IDNr 0123456789 mit“. Daher wird es künftig nicht mehr nötig sein, dass die Verwaltung die Daten, die sie bereits hat, sich immer wieder von Bürgerinnen und Bürgern heraussuchen lässt. Dabei ist wichtig zu wissen, dass das RegMoG nichts an den Regelungen ändert, ob die Verwaltung bestimmte Daten verarbeiten darf. Es wird nur die Art und Weise geändert, wie sie die richtigen Daten findet. Außerdem wird mit dem Datenschutzcockpit ein Instrument geschaffen, mit dem wir alle künftig sehen können, welche Daten die Ämter zu unserer Person ausgetauscht haben.
Für welche Zielgruppe ist das RegMoG besonders relevant?
Zunächst einmal für alle Menschen, die sich beruflich mit der Digitalisierung der Verwaltung befassen oder mit der Führung eines der 51 Registertypen, die in der Anlage zu dem Gesetz genannt sind. Mit dem Datenschutzcockpit wird ein völlig neues Transparenzinstrument geschaffen. Viele datenschutzrechtliche Fragen wurden im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens diskutiert und beantwortet. Daher ist es auch relevant für Datenschutzaufsichtsbehörden und Personen, die sich in Forschung und Lehre mit diesen Themen auseinandersetzen.
Wer profitiert von dem Gesetz und wie sehen die Vorteile konkret aus?
Wir profitieren alle davon, denn die Verwaltung wird uns künftig weniger Daten zusammensuchen lassen, die sie schon hat. Man denke nur an die Grundsteuer-Erklärung! Gleichzeitig wird so transparent wie nie zuvor, welche Daten die Ämter über uns haben und aus welchen Anlässen sie diese Daten übermitteln. Wir werden das künftig mit ein paar Mausklicks in unserem Datenschutzcockpit abfragen können. Aber auch die Verwaltung selbst profitiert durch eine Verbesserung der Datenqualität. Denn die Daten sind leichter aktuell zu halten und Fehler können schneller korrigiert werden.
Wie sind diese Umstände im Buch beschrieben, so dass die sogenannten Zielgruppen davon profitieren können? Welche Schwerpunkte wurden dazu gesetzt?
Die Einführung im ersten Teil ist allgemein verständlich und richtet sich an alle, die sich dafür interessieren, warum und wie dieses Gesetz entstanden ist. Teile 2 und 3 des Buchs sind vor allem eine Arbeitshilfe für die Praktiker in der Verwaltung, die mit der Umsetzung des Gesetzes betraut sind, oder sich in Aufsichtsbehörden, Gerichten, Wissenschaft oder Lehre damit befassen. Denn das RegMoG ist ein so genanntes Artikelgesetz. Mit Ausnahme des Artikels 1, des IDNrG, ändert es andere Gesetze, die seither teils mehrfach wieder geändert wurden. Sein aktueller Inhalt ist daher schwer zu erfassen und zu interpretieren. Deshalb ist im zweiten Teil des Buches das aktuelle IDNrG in Form eines Kommentars mit Begründung dargestellt, die übrigen geänderten Gesetze in ihrer heutigen Fassung mit hervorgehobenen Änderungen durch das RegMoG, ebenfalls jeweils mit Begründung und erläuternden Fußnoten. Zu jedem Artikel ist außerdem der Stand des Inkrafttretens dargestellt. Der dritte Teil des Buches enthält das RegMoG in der verkündeten Originalfassung und weitere Materialien aus dem Gesetzgebungsverfahren und zu nachfolgenden Änderungen. So werden alle für die Interpretation und Anwendung des Gesetzes wichtigen Materialien in leicht erfassbarer Form für die Anwender erschlossen.
Können Sie Beispiele nennen, wo das RegMoG bereits Auswirkungen hat oder demnächst Auswirkungen haben wird?
Das RegMoG ist für die Digitalisierung der Verwaltung mindestens genauso wichtig wie das Onlinezugangsgesetz (OZG). Allerdings finden die Arbeiten mehr im „backoffice“ der Verwaltung statt, so dass die Auswirkungen für Bürgerinnen und Bürger erst allmählich sichtbar werden. Hinter den Kulissen hat die Umsetzung aber längst begonnen: Im Bundesverwaltungsamt und im Bundeszentralamt für Steuern sind die technischen Voraussetzungen geschaffen worden, um die IDNr in die einzelnen Verwaltungsregister „auszurollen“. Ein erstes Pilotvorhaben mit dem Nationalen Waffenregister wurde erfolgreich abgeschlossen. Nun sind weitere Register an der Reihe, nach und nach die IDNr zuzuspeichern. Auch am Datenschutzcockpit wird bereits fleißig gearbeitet. Noch in diesem Jahr soll eine erste Version an den Start gehen.
Gibt es besondere Herausforderungen, auf die man sich als „Betroffener“ vorbereiten kann/soll?
Verwaltungen in Bund, Ländern, Kommunen oder Körperschaften, die für eines der im Gesetz bezeichneten Register verantwortlich sind, müssen jetzt aktiv werden, wenn sie es noch nicht sind. Sie müssen prüfen, was das Gesetz für sie bedeutet und mit dem Bundesverwaltungsamt (BVA), der Registermodernisierungsbehörde, Kontakt aufnehmen. Sie müssen in Zusammenarbeit mit dem BVA eine Rollout-Planung erstellen und vorbereitende Maßnahmen treffen. Sie müssen vielleicht noch Regelungen im Fachrecht anpassen, ihre Register technisch ertüchtigen, die erforderlichen Schnittstellen und Standards für den Abruf der IDNr beim BVA und den Anschluss an das Datenschutzcockpit etablieren, vorbereitende Maßnahmen zur Steigerung der Datenqualität durchführen und manuelle Nachbearbeitungen organisieren. Nicht zuletzt sollten sie prüfen, welche internen Prozesse nach dem Rollout der IDNr vereinfacht werden oder wegfallen können.
In welchem Kontext steht das RegMoG zum OZG. Bereits dort gibt es ja Schwierigkeiten, nicht zuletzt wegen der föderalen Struktur. Ist mit derlei Umsetzungsproblemen auch hier zu rechnen?
Mit dem Onlinezugangsgesetz wurden zunächst „Onlinezugänge zur Verwaltung“ geschaffen in dem Sinne, dass die Antragstellung für Verwaltungsleistungen digitalisiert wurde. Aber mit dem OZG wurde auch der Anspruch formuliert, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Daten der Verwaltung nur noch einmal zur Verfügung stellen müssen und diese sich dann um den Rest kümmert, d.h. auch um Nachweisdaten, soweit diese in der Verwaltung vorhanden sind. Das ist der Inhalt des „Once-only-Prinzips“. Das Registermodernisierungsgesetz macht es möglich, dieses Versprechen einzulösen. Deshalb wird die IDNr auch genau in die Register eingefügt, die für die Umsetzung des OZG am relevantesten sind. Eine weitere Verbindung zum OZG liegt in der Größe des Vorhabens: Die Registermodernisierung betrifft zahlreiche Behörden aller staatlichen Ebenen und ist in ihrem Umfang ohne Weiteres mit dem OZG vergleichbar. Die Steuerung eines solchen föderalen Mammutprojekts ist eine Herausforderung. Glücklicherweise können wir nun auf den Erfahrungen beim OZG aufbauen.
Stichwort Digitalisierung und Modernisierung der Verwaltung: man liest und hört allenthalben, dass das alles zu lange dauert, zu bürokratisch ist, zu wenig Technik vorhanden ist. Wie wirkt sich das auf die Umsetzung des RegMoG aus?
Man muss sich klar machen, dass die Umsetzung des RegMoG ein Marathon ist, kein Sprint. Für die Umsetzung muss in vielen Stellen in der Verwaltung viele Veränderungen vorgenommen werden, ohne den laufenden Betrieb zu gefährden. Leider oft mit zu wenig Geld und noch öfter ohne zusätzliches Personal. Die größte Herausforderung ist dabei nicht die Technik, sondern die Organisation: Welche Schritte müssen in welcher Reihenfolge unternommen werden, und welche Ressourcen in Geld und Manpower werden dafür benötigt. Diese Fragen müssen nicht nur in den Digitalabteilungen der Behörden beantwortet werden, sondern auch und gerade in den Fachabteilungen, die für die Register nach der Anlage zum IDNrG verantwortlich sind, also zum Beispiel im Melde-, Personenstands- oder Ausländerwesen. Jede Fachlichkeit muss darauf ihre eigenen Antworten finden. Wichtig ist aber, dass wir uns auf den Weg machen, sonst können wir nicht ankommen.
Welches ist Ihr persönlicher Bezug zum Inhalt des Buches?
Ich leite das Referat im Bundesministerium des Innern und für Heimat, in dem das Registermodernisierungsgesetz ausgearbeitet wurde. Somit kann ich sagen: Ich war von Anfang an dabei.
Frau Dr. Laier, vielen Dank!