In unserer Reihe „Kohlhammer Urban Taschenbücher“ entstand die kleine Unterreihe „Geschichte der christlichen Orden“. Mit den Herausgebern dieser Unterreihe Professor Dr. Klaus Unterburger (im Bild links), Universität Regensburg und Professor Dr. Christoph Dartmann (im Bild rechts), Universität Münster führten wir ein kurzes Interview.
Die Reihe Geschichte der christlichen Orden, die mit dem Band über die Zisterzienser von Jörg Oberste, kürzlich im Kohlhammer Verlag gestartet ist, hat das Ziel, Geschichte und Theologie zu verbinden. Was sind die Vorteile eines solchen Konzeptes?
Mönchtum und Ordensleben versteht man in seiner Tiefe nur aus einer Innenperspektive, die Spiritualität, Frömmigkeitsformen, Theologie und Ekklesiologie ernst nimmt. Deswegen hat sich in diesen Institutionen über die Jahrhunderte hindurch eine derartige Fülle von Erfahrungen was Gebet und Gottesbeziehung, aber auch Lebensformen und kulturelle Praktiken angeht, angesammelt, die es erst einmal historisch zu erschließen gilt, damit die Gegenwart sich auf diese beziehen kann. Andererseits spielen sie als kulturelle Phänomene eine kaum zu überschätzende Rolle für die Geschichte von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst. Beides ist nur in der Wechselwirkung von Binnenperspektive und Außenwirkung zu erfassen.
Wie wurde die Auswahl der darzustellenden Orden getroffen, nach ihrer historischen Bedeutung, nach ihrer theologischen Relevanz oder vielleicht nach ihrem Bekanntheitsgrad?
Diese drei Faktoren müssen sich im Einzelfall zwar nicht decken, stehen aber doch in einer gewissen Wechselwirkung, so dass sie alle drei in die Konzeption eingeflossen sind. Es ist auf jeden Fall wünschenswert, die Reihe der behandelten Orden und Gemeinschaften weiter auszubauen.
Weisen die Bände eine Struktur auf, die man als Leser wiedererkennt oder sind die Bände auf den jeweiligen Orden zugeschnitten?
Natürlich hat jeder Orden seine Eigenart und jeder Autor seine eigene Sichtweise und seine eigenen Forschungsinteressen, was legitim und positiv ist. Dennoch wird jeder Band der Reihe die Wechselwirkung von Spiritualität, Theologie, Lebensform und Ordensverfassung deutlich machen; zudem sind von den Orden zahlreiche Entwicklungsimpulse auf die Gesellschaft ausgegangen oder sie standen mit solchen wichtigen Innovationsschüben zumindest in engem Kontakt. Mönchtum und Orden haben überdies eine überregionale, übernationale Bedeutung, was ebenfalls deutlich werden wird.
Warum sind christliche Orden auch im „säkularisierten“ 21. Jahrhundert von Bedeutung, warum lohnt es sich mit christlichen Orden zu beschäftigen, die doch im Mittelalter viel bedeutender und im Alltagsleben präsenter waren?
Hierauf eine historische und eine theologische Antwort: Je fremder etwas wird, umso weniger kann man seine vergangene Bedeutung richtig einschätzen und in allen Dimensionen erfassen, desto notwendiger ist es also, dasjenige, was uns historisch geprägt hat, durch Studium und Lektüre wieder ins Bewusstsein zu heben. Hinzu kommt: Da wir Menschen sterblich und verwundbar sind, sind die großen existentiellen Fragen der menschlichen Philosophie- und Theologiegeschichte unsere Fragen geblieben. Die Orden sind Formen, die christliche Sinnantwort in ein Lebenskonzept umzusetzen. Was kann es interessanteres geben, als Größe und Grenzen solcher Lebensformen zu studieren?
Welche Bände werden noch erscheinen?
Nach dem Band über die Zisterzienser werden ganz sicher solche über die Benediktiner, die Franziskaner, die Dominikaner und die Jesuiten folgen, dazu über die religiöse Frauenbewegung im Mittelalter mit ihren vielfältigen Versuchen, adäquate Organisationsformen für neue spirituelle Bedürfnisse zu finden. Nicht zuletzt wird es einen Band über die christlichen Ritterorden geben: In diesem zunächst vielleicht fremdartig erscheinenden Phänomen spiegeln sich nicht nur wichtige Entwicklungslinien des Themenfeldes Religion und Gewalt, sondern auch vielfältige Bestrebungen einer Verchristlichung von Adel und Kriegern.
Was möchten Sie als Herausgeber der Reihe Geschichte der christlichen Orden den Lesern mitgeben?
Die Moderne, unsere Gegenwart, ist häufig an ganz anderen Stellen vorbereitet worden, als wir zunächst vermuten. Zudem: Die Antworten der Vergangenheit können niemals unverändert unsere eigenen Antworten sein, es lohnt sich aber, sie zur Kenntnis zu nehmen und sich von ihnen inspirieren zu lassen. Vor allem wünschen wir den Leserinnen und Lesern viel Freude beim Entdecken ebenso fremdartiger wie spannender Welten der Vergangenheit.
Für Ihre Zeit und Mühe bedanken wir uns sehr herzlich.
Das Interview führte Dr. Daniel Kuhn.