Fortgeltung der Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer

nach dem Urteil des BVerfG vom 10. April 2018

„Die §§ 19 – 23, 27, 76, 79 Abs. 5, § 93 Abs. 1 Satz 2 des Bewertungsgesetzes 1965 i.V.m. Artikel 2 Abs. 1 Satz 1 u. Satz 3 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes i. d. F. des Artikels 2 des Gesetzes vom 22. Juli 1970 (Bundesgesetzblatt I Seite 1118) sind, soweit sie bebaute Grundstücke betreffen, jedenfalls seit dem 1. Jan. 2002 unvereinbar mit Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz.“

Mit dieser Begründung hat der I. Senat des BVerfG die Vorschriften des BewG 1965 zur Einheitsbewertung des Grundvermögens mit Urt. v. 10. April 2018* für verfassungswidrig erklärt und bestimmt, dass der Gesetzgeber – spätestens bis zum 31. Dezember 2019 – eine Neuregelung zu treffen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen die verfassungswidrigen Regeln weiter angewandt werden.
Umschlag von "FestsetzungderGrundsteuer"
Nach Verkündung der Neuregelung dürfen sie für weitere 5 Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024 angewandt werden.

Die Vorlagefragen bedürfen keiner Erweiterung (vgl. dazu BVerfGE 139, 285 <297Rn. 38> m.w.N.). Der Bundesfinanzhof hat die Normen des Bewertungsgesetzes vorgelegt, soweit sie in den jeweiligen Ausgangsverfahren entscheidungserheblich für die Einheitsbewertung sind. Dies betrifft nur die in den  „alten“ Ländern maßgeblichen Bewertungsvorschriften für bebaute Grundstücke.

Der Senat hat die Normenkontrolle nicht

  • auf die Bestimmungen zur Bewertung des land- u. forstwirtschaftlichen Vermögens (§ 33 – 62 BewG – alte Länder) und des land- u. forstwirtschaftlichen Vermögens (§§ 125 – 128 BewG – in den neuen Bundesländern)     und
  • auf die Bestimmungen zur Bewertung des Grundvermögens in den neuen Bundesländern (§§ 129 ff. BewG )

Für beide Bereiche gelten besondere Bewertungsregeln, die auf die Frage nach ihrer Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG eine eigenständige verfassungsrechtliche Würdigung erforderlich machten, ohne durch die Ausgangsverfahren veranlasst zu sein. Zudem fehlt es insofern an einer fachgerichtlichen Aufarbeitung der Sach- und Rechtslage. Dies schließt nicht aus, die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte auf die Beurteilung dieser Vorschriften zu übertragen.

Der Senat hat auch auf Ausführungen zu der Ersatzbemessungsgrundlage Wohn-/Nutzfläche (§§ 42 – 44 GrStG verzichtet.

Fazit: 

Falls der Gesetzgeber bis zum 31.12.2019 keine Neuregelung getroffen hat, kann in den alten Ländern ab dem 01. Januar 2020 für das Grundvermögen keine Grundsteuer erhoben werden.

Die Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer für das land- u. forstwirtschaftliche Vermögen (alte und neue Länder) erfolgt jedoch weiterhin nach den derzeit geltenden Vorschriften des Bewertunggesetzes.

Für die Bewertung des Grundvermögens in den neuen Ländern gelten die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 129 ff. BewG unverändert fort.

Die Verwaltung der Grundsteuer nach der Ersatzbemessungsgrundlage Wohn-/Nutzfläche (§§ 42 ff. GrStG) obliegt den Kommunen und wurde im Urteil des BVerfG nicht erwähnt, d.h. die Grundsteuer nach der Ersatzbemessungsgrundlage ist weiter zu erheben.

 

*1 BvL 11/14, 1 BvR 889/12, 1 BvR 639/11, 1 BvL 1/15, 1 BvL 12/14

Fachbereich(e): Öffentliche Verwaltung, Recht. Schlagwort(e) , , . Diese Seite als Lesezeichen hinzufügen.